Rezension

Ein kluger historischer Krimi um zwei interessante Geschwisterpaare

Grimms Morde - Tanja Kinkel

Grimms Morde
von Tanja Kinkel

Bewertet mit 4 Sternen

Wie Titel und Cover vermuten lassen, hält man mit „Grimms Morde“ einen historischen Krimi in den Händen. Die Krimihandlung spielt nach meinem Empfinden nicht die Hauptrolle in diesem klug komponierten Roman. Aber sie ist durchgehend vorhanden und findet am Ende eine nicht ganz unkomplizierte, aber glaubwürdige und stimmige Auflösung.

Der politisch-gesellschaftliche Hintergrund spielt eine wichtige Rolle und ist gewohnt gut herausgearbeitet. In dieser post-napoleonischen Zeit gibt es viele Ressentiments unter den Menschen und jede Menge Konfliktpotenzial, das ist deutlich zu spüren. Jacobs differenzierter Blick auf die Zustände im Kurfürstentum Hessen-Kassel und deren Herrscher hat mir sehr gefallen.

Über weite Strecken zieht das Buch seine Spannung eher aus den Figuren und ihrem Wechselspiel untereinander als aus der eher sparsamen Handlung. Das Aufeinanderprallen der herausragenden Intellekte von Jacob Grimm und Annette von Droste-Hülshoff und ihre sprachlichen Duelle waren für mich die Highlights der Geschichte. Letztlich lösen die Beiden das Rätsel um die Todesfälle weitgehend im Kopf, mit ihrem brillanten Verstand.

Den Gedankengängen, klugen Überlegungen und Schlussfolgerungen dieser hochintelligenten Protagonisten zu folgen hat einige Konzentration gefordert, definitiv kein Geschichte zum „Inhalieren“ für nebenbei.

Eine ganze Weile habe ich mich schwergetan mit der sperrigen, irgendwie umständlichen Sprache, die allerdings sehr authentisch die damalige Zeit und Sprechweise spiegelt. Diese ganze Epoche und ihr manieriertes Gehabe ist nicht so meins, macht mich immer ein bisschen ungeduldig, aber nach und nach habe ich hineingefunden und Freude gehabt. Besonders an den Figuren, ihrer Entwicklung und wie sie mir sukzessive Zugang gewährt haben. Ich könnte mir vorstellen, dass Tanja Kinkel mit diesem Buch bei vielen Lesern das Interesse an Annette von Droste-Hülshoff und ihrem Werk geweckt hat.

Mir hat das Buch gut gefallen, aber es wird trotz seiner Genialität nicht in die Riege meiner Lieblingsbücher von Tanja Kinkel aufsteigen - was einfach nur an Zeit und Ort des Geschehens liegt, die mich nicht so sehr fesseln, wie z. B. in Manduchai.