Rezension

Ein Krimi als Mordvorlage

Krokodilwächter
von Katrine Engberg

Bewertet mit 4.5 Sternen

Kurz zum Inhalt:
Gregers Hermansen, einer der Mieter in Haus der pensionierten Esther de Laurenti, findet in der Wohnung im 1. Stock, die von zwei Studentinnen bewohnt wird, eine weibliche Leiche, und erleidet einen Herzanfall.
Jeppe Korner und Anette Werner von der Kopenhagener Mordkommission ermitteln in diesem Fall. Es stellt sich heraus, dass die Tote einer der beiden Studentinnen ist, Julie Stender.
Julie wurde ein Muster ins Gesicht geritzt, das einem Scherenschnitt gleicht.
Dieser Mord inklusive dem ins Gesicht geschnittene Muster hatte eine Vorlage, und zwar Esthers Krimi-Manuskript!
Nun gilt es herauszufinden, warum Julie sterben musste, und warum Esthers Manuskript als Vorlage genommen wurde! Ist Esther die Täterin? Oder ihr jugendlicher Freund Kristoffer?
Doch der Mörder spielt weiter...

Meine Meinung:
Der Thriller spiel in Kopenhagen, jedoch erfährt man nicht sonderlich viel über diese Stadt. Das Augenmerk liegt tatsächlich in der Aufklärung des Falles. Es herrscht eine typisch skandinavische melancholische Grundstimmung.
Die dänischen Eigennamen machten mir anfangs das Lesen etwas schwer, aber man gewöhnt sich schnell daran.
Der Schreibstil ist gut und flüssig zu lesen; er ist unaufgeregt und langsam und im Gegensatz zu den schnell-rasanten amerikanischen Thrillern steht die Polizei- und Ermittlungsarbeit im Vordergrund.

Mir persönlich gefällt sehr gut, dass man über das Privatleben der Ermittler genug erfährt, um sich ein genaues Bild von ihnen zeichnen zu können, das Private jedoch nicht im Vordergrund steht, sondern die Ermittlungen im Mord. Deshalb ist es für mich auch eher Krimi als Thriller.
Mir sind sowohl die Ermittler, der bärbeißige mürrische Jeppe Korner, der geschieden ist und dadurch psychosomatische Rückenschmerzen hat, und die ruhige ausgeglichene Anette Werner, als auch die pensionierte Lehrerin Esther sehr sympatisch, die selbstbewusst auf ihrem Standpunkt beharrt und sich nicht unterkriegen lässt, auch wenn sie dem Rotwein zu sehr zuspricht. Für sie ist ganz schlimm, dass Julie so getötet wurde, wie es in ihrem Krimi-Manuskript beschrieben wird. War die junge Frau doch die Vorlage für die Hauptfigur.
Für Julie selbst empfindet man anfangs Mitleid, jedoch erfährt man im Laufe der Ermittlungen so einiges, was sie in ein anderes Licht rückt.

Im Buch werden immer wieder Passagen aus Esthers Krimi eingestreut, gut erkennbar durch die andere Schrift.

Viele handelnde Personen, für mich anfangs schwer zu lesende Namen, Szenen, die einem anfangs unwichtig erscheinen und verworrene Handlungsstränge verwirren einen beim Lesen, und man ermittelt quasi mit Jeppe und Anette mit, und erst nach und nach lösen sich die Knoten.  Und erst ganz am Ende erkennt man das ganze Ausmaß.

Leider wird erst gegen Ende des Buches aufgeklärt, was es mit dem Titel "Krokodilwächter" auf sich hat. Dies ist ein kleiner Vogel, der von den Essensresten im Maul eines Krokodils lebt. Der Vogel erhält Nahrung, und dem Krokodil werden die Zähne gereinigt. Eine ebensolche Symbiose gibt es auch im Buch zwischen gewissen handelnden Personen.

Das Cover ist wundervoll gestaltet: Fünf Schnitte ziehen sich durch den Schutzumschlag, sodass der rote, hochwertige Leinen-Einband des Buches darunter hervorscheint. Die Risse sollen wohl die Messerschnitte des Mordes darstellen, auch wenn dabei ein detaillierteres Muster gezeichnet wurde, und passt daher perfekt zum Inhalt des Buches.
Das Buch hat als Hardcover eine handliche Größe, jedoch könnten die Buchstaben ein klein wenig größer sein.

Fazit:
Langsamer aber mitreißender Kopenhagener Krimi mit sympathischen Ermittlern, in dem die Aufklärung des Mordes im Vordergrund steht.  4,5 Sterne von mir!