Rezension

Ein kühles Bild der französischen Gesellschaft

Die Zeit der Ruhelosen - Karine Tuil

Die Zeit der Ruhelosen
von Karine Tuil

Bewertet mit 4 Sternen

Soldat Romain Roller kommt aus Afghanistan zurück und bekommt die Bilder und den Schrecken der Krieges nicht mehr aus dem Kopf. Während er in einem Hotel auf Zypern zur Erholung untergebracht ist, fängt er eine verhängnisvolle Affäre mit der Journalistin Marion Decker an. Diese ist die Ehefrau des bekannten Managers Francois Vely, der gerade mit furchtbaren Gerüchten zu kämpfen hat und dabei Unterstützung von unerwarteter Seite erhält... .
Karine Tuil hat hier ein beeindruckendes Buch geschrieben, welches die französische Gegenwart unglaublich echt wirkend und authentisch darstellt. Dabei werden die politische und die gesellschaftliche Situation in den Mittelpunkt gestellt und so auch für Menschen, die nicht in Frankreich leben, anschaulich und greifbar gemacht.
Besonders gefesselt haben mich die Beschreibungen des Krieges aus der Sicht des Soldaten Romain Roller. Fast schon wie ein Bewusstseinsstrom wird aus seiner Perspektive ein realistisches Bild von Afghanistan und der Situation der Menschen und auch der dort stationierten Armee gezeichnet. Es ist wirklich erschreckend zu lesen, was in diesem traumatisierten Mann vorgeht. Umso unglaublicher scheint es mir, dass man im Buch, aber auch in unserer Realität  von den Soldaten nach ihrem Kriegseinsatz verlangt, fast ohne Unterbrechung direkt wieder in ihr altes Leben zurückzukehren und alles Erlebte zu vergessen.
Auch die anderen Figuren im Buch wirken alles andere als konstruiert. Jeder hat seine Schwierigkeiten und muss sich über Ungerechtigkeiten hinwegsetzen, was nicht immer gelingt. So ist zum Beispiel Osman Diboula ein gebildeter Mann, der aber aufgrund seiner Herkunft in der Politik eine nur unsichere Stellung hat und deswegen nie den selben Status wie seine Mitstreiter erreichen kann.
Karine Tuil hat einen gut lesbaren und sehr nüchternen Schreibstil. Ohne viel Gefühlsduselei schildert sie die oft schwierige Situation ihrer Figuren und zeichnet so ein Bild der französischen Gesellschaft, welches es in sich hat.
Mir persönlich hat das Buch insgesamt sehr gut gefallen. Allerdings schreibt Frau Tuil mir manchmal zu kühl und sie hätte auch ruhig ein paar mehr positive Aspekte hineinbringen können. Dennoch empfehle das Buch sehr gerne weiter.