Rezension

Ein Leben für ein Leben

ONE TO GO - Auf Leben und Tod - Mike Pace

ONE TO GO - Auf Leben und Tod
von Mike Pace

Bewertet mit 4 Sternen

Tom Booker arbeitet als Anwalt bei einer renommierten Kanzlei, einmal mehr ist er spät dran, um seine kleine Tochter Janie für ein Treffen abzuholen. Abgelenkt durch das Tippen einer Nachricht auf seinem Handy während der Autofahrt, verursacht er einen schweren Unfall, bei dem ein Autofahrer sofort ums Leben kommt und die Insassen eines Minivan, darunter seine Tochter und deren Freundinnen, kurz vor dem tödlichen Absturz von einer Brücke stehen. Tom, selbst angeschlagen und verletzt, registriert bestürzt, was passiert ist und just in dem Moment, als der Van von der Brücke zu kippen droht, gefriert die Zeit und ein junges Paar bietet ihm einen teuflischen Deal an: Janie und ihre Freunde dürfen weiterleben, aber dafür muss Tom alle zwei Wochen fristgerecht einen anderen Menschen töten, der ihren Platz in der Hölle einnimmt.

Kurz darauf kommt Tom zu sich und kein Unfall ist geschehen, er hat sich lediglich bei einer Vollbremsung den Kopf am Lenkrad angeschlagen und glaubt infolgedessen an eine Halluzination. Erleichtert geht er weiter seinem Alltag nach bis zwei Wochen später der Fahrer des Minivan ermordet wird. Kann es möglich sein, dass der Deal keine Einbildung war? Tom muss sich entscheiden. Doch kann er alle zwei Wochen ein Leben auslöschen, um seine Tochter und weitere unschuldige Kinder zu retten?

Wie weit kann und darf ein Vater gehen, um das Leben seines Kindes zu schützen?

Leseeindruck

"ONE TO GO - Auf Leben und Tod" von Mike Pace besticht durch ein unglaublich gelungenes Cover (Michael Schubert) sowie eine spannende Inhaltsbeschreibung und landete deshalb sofort nach Erscheinen auf meinem Reader. Ich erwartete ein spannende und unterhaltsame Lektüre und wurde nicht enttäuscht.

Der Schreibstil liest sich flüssig, ist unspektakulär passend, hier und da gespickt mit juristischem Fachjargon - man erkennt deutlich den Hintergrund des Autors (Law School mit Abschluss und anschließendem Staatsdienst im District of Columbia). Überhaupt schreibt Pace aus dem Leben, denn auch sein Protagonist Tom arbeitete vor seiner Anwaltstätigkeit als Grundschullehrer und lässt somit eine weitere Parallele zur Vita des Autors erkennen. Pace legt damit eine fundierte Basis für den Lebenslauf seiner Figur und gibt ihr gleichzeitig eine intelligente Möglichkeit der Opferfindung an die Hand. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten.

Die Figuren des Romans sind gut ausgearbeitet und interagieren stimmig. Lediglich kleinere Schwächen sind hier und da erkennbar. Unser Protagonist Tom Booker ist meines Erachtens kein reiner Sympathieträger, was die Figur aber sogar noch interessanter macht.

"Thomas Michael Booker, ein Mann der Mittelschicht, mit überdurchschnittlicher Intelligenz und guter Schulbildung, im Allgemeinen ein netter Kerl, (...)."

Er ist ein liebender Vater mit einigen Schicksalsschlägen im Leben, die ihn zwar ins Wanken aber nie ganz zu Fall brachten; dem Alkohol ein wenig zu sehr zugetan, hat Tom dennoch ein gesundes Rechtsbewusstsein, sozial stabile Kontakte und wirkt ab und an ein wenig naiv. All diese Eigenschaften unterstreichen hervorragend den moralischen Zwiespalt, in den er gerät.
Seine überdurchschnittlich hohe Intelligenz ist es aber auch, die mir hier in manchen Situationen nicht so recht passend erscheinen will. Ohne ins Detail zu gehen wegen der Spoilergefahr, kann ich dem Autor diese Intelligenz seines Protagonisten nicht uneingeschränkt abnehmen, denn oft erscheinen mir Toms Pläne nicht ganz durchdacht oder weisen zu große Schwächen auf, um aufgehen zu können. Nun kann man dies zwar mit dem hohen Druck, dem er standhalten muss, entschuldigen aber nun ja, es ist halt etwas ... fantastisch.

Aber "One TO GO" ist ein Roman, der gerade zum Ende hin mehr fantastische und mystische Elemente als gewöhnlich bereithält und deshalb sollte man wissen, worauf man sich einlässt.
Pace würzt seinen Thriller mit vielen Zutaten wie Spannung, Humor, einem Hauch Romantik und Moral, serviert das Dessert (Finale) dann mit sehr viel Mystik. Ich kann mir vorstellen, dass einige (logisch denkende und realitätsnahe) Leser mit dieser Entwicklung unglücklich sein könnten. Mir persönlich gefiel es, auch wenn es nah an zu viel des Guten war.

Insgesamt sehr gut gefallen hat mir die Darstellung des inneren moralischen Kampfes, den Tom ausfechten muss. Man kommt als Leser nicht umhin, sich stets zu fragen wie man selbst agieren würde. Pace gibt interessante Denkanstöße in seinem Roman und verleiht ihm so auch einen ernsten und nachdenklichen Ton, der bei aller Action und Unterhaltung immer wieder zum Tragen kommt.

"In zwei Wochen wird dann Janie sterben, außer ich begehe einen Mord. Was ist also das Moralischste, was ich tun kann (...)?

Darf man überhaupt töten, um ein anderes Leben zu retten und wie entscheide ich, wer es "verdient" zu sterben? Wer kann über Leben und Tod richten?
Es ist ein perverses Spiel, in das Tom hier gezwungen wird und es gibt folglich auch keine eindeutige Lösung. Tom kämpft um das Leben seiner Tochter aber setzt dabei auch seine eigene Seele auf's Spiel. Und bei diesem Spiel kann man nur verlieren. Pace legt seiner Geschichte ein uraltes Thema zugrunde: Der Kampf Gut gegen Böse - Himmel gegen Hölle - Engel gegen Dämonen. Mit Ideenreichtum und Spannung hat er dieses Thema durchaus gut eingekleidet und ihm einen frischen Anstrich gegeben.

Fazit

Ein durchweg unterhaltsamer und spannender (Mystery-)Thriller, der interessante Denkanstöße bereithält und das große Thema "Gut gegen Böse" in ein neues Gewand kleidet. Für Leser, die mit einem actionreichen, übersinnlichem Finale unterhalten werden wollen auf jeden Fall eine klare Leseempfehlung.