Rezension

Ein Lesevergnügen

Tante Poldi und die sizilianischen Löwen
von Mario Giordano

Es ist nicht immer einfach "bella figura" zu machen...

Inhalt: Tante Poldi ist nach einigen Schicksalsschlägen von Schwermut gebeutelt und möchte nach Sizilien umsiedeln um sich dort, wie sie sagt, gepflegt zu Tode zu saufen, unter heißer Sonne und mit Meerblick. Aber davor ist ihre angeheiratete Verwandtschaft, die sie ins italienische Dolce Vita einführen will, und es kommt ihr auch ein Kriminalfall und ein sehr dekorativer Commissario dazwischen...

Meine Meinung: Tante Poldi ist eine gestandene Bajuwarin aus München mit Erfahrung. Nach dem Tode ihres geliebten Ehemanns zieht sie nach Sizilien, der Heimat ihres Mannes, um dort ihren Lebensabend zu verbringen. Sprich: Sie möchte sich tot saufen, aber bitte unter heißer Sonne und mit Meerblick. So lässt sie sich von ihrem Neffen in einem etwas altersschwachen Alfa Romeo dorthin kutschieren, wo sie die Verwandtschaft ihres verstorbenen Gatten glücklicherweise bereits erwartet, um ihr die Todessehnsucht auszutreiben und ihr das Dolce Vita nahe zu bringen. 
Neben Alkohol, Sonne und Strand hat Poldi noch ein weiteres Hobby: Sie fotografiert Polizisten. Und: Es erweist sich, dass sie den kriminalistischen Spürsinn ihres Vaters geerbt hat. Den kann sie auch gut brauchen, denn der hübsche junge Mann, den sie für Garten- und Renovierungsarbeiten angeheuert hat, ist eines Tages plötzlich verschwunden und taucht als Leiche mit zerschossenem Gesicht am Strand wieder auf. Poldi stürzt sich in die Mordermittlungen sowie auf den etwas unterkühlten, aber sehr attraktiven Commissario Montana, der ihr allerdings dann doch nicht so schnell zu Füßen sinkt, wie sie es erhofft.
Erzählt wird die ganze Geschichte quasi aus zweiter Hand von Poldis Neffen nach ihren Berichten. Er ist Autor eines noch zu schreibenden Romans, der zu diesem Behufe immer wieder ein Dachkämmerchen in ihrem Hause bewohnt und die Tante offensichtlich sehr mag, wenn sie ihn auch mit ihrer Freizügigkeit hin und wieder ordentlich in Verlegenheit bringt.
Als Rheinländer habe ich mich mit "der Poldi" anfangs nicht so einfach anfreunden können. Sie ist mir eigentlich doch ein wenig zu drastisch und freizügig („Dezens ist Schwäche, merk dir des!“), und ich wunderte mich, wie sie in Italien sogleich Freunde findet. Ich musste mich erst einlesen und brauchte eine ganze Weile, um mich an die resolute ältere Dame mit dem großen Herzen und der schwarzen Perücke zu gewöhnen, schließlich ist sie doch wesentlich schrulliger und schriller als die feinsinnige Miss Marple der Agatha Christie. 
Aber irgendwann musste ich dann doch über ihre drastischen Sprüche und ihre Offenherzigkeit lachen und freute mich daran, wie heftig sie ihren Commissario umgarnt und nebenbei noch den Kriminalfall löst.  Witzig ist auch, wie Poldi ihrem verblüfften Neffen immer mal wieder in Stichwörtern aufzeigt, dass sie eine wild bewegte Vergangenheit hinter sich hat und so ganz nebenbei erwähnt, dass sie gut bekannt ist mit illustren Persönlichkeiten wie zum Beispiel Ringo Starr, der ihr sogar noch bei ihrem Kriminalfall hilfreich unter die Arme greift. Sehr schön finde ich, wie man so ganz nebenbei auch einiges über Sizilien und die Sizilianer erfährt und so Lust auf Urlaub, Strand und Sonne bekommt (wenn auch nicht unbedingt auf die Alkoholmengen, die Poldi sich so einverleibt). Ich vermute mal, dass es noch Fortsetzungen geben wird. Alles in allem ein witziges Buch, am besten auf einer Strandliege zu lesen. Ich vergebe 4 Sterne :-)