Rezension

Ein Minnesanger als Motiv für Mord?

Kurschattenerbe - Sigrid Neureiter

Kurschattenerbe
von Sigrid Neureiter

 

Kurschattenerbe

 

 

„Ein leicht gewonnen Gut

Schafft Hoffahrt, Stolz und Übermut

Und oft ein sündig Blut!“

 

(Oswald von Wolkenstein 1377-1445; spätmittelhochdeutscher Lyriker und Liederkomponist, entstammte einem tirolischen Adelsgeschlecht, führte ein abenteuerliches Wanderleben, hatte maßgeblichen Anteil am Kampf des Tiroler Adels gegen Herzog Friedrich II. von Österreich »mit der leeren Tasche«)

 

»Kurschattenerbe« ist nach »Burgfrieden« der zweite Kriminalroman von Sigrid Neureiter, der im Gmeiner Verlag erschienen ist. Was im ersten Band schon erfolgsversprechend war, ist auch im zweiten Band Konzept: Der Roman spielt wieder in Südtirol. (Diesmal führt uns die Autorin nach Meran) Wie im ersten Roman dient ein Minnesänger als thematischer Schwerpunkt und die Pr-Beraterin Jenny Sommer wird wieder in ein Verbrechen verstrickt.

 

In »Kurschattenerbe« nimmt die Protagonistin an einem Symposium in Meran teil, das sich mit dem Minnesänger Oswald von Wolkenstein beschäftigt. Als der hochangesehene Professor Arthur Kammelbach verschwindet, begibt sich Jenny Sommer auf die Suche. Zur selben Zeit wird auch die Vielle (eine mittelalterliche Form der Geige) einer Musikerin gestohlen. Dann wird der Maler Peter Mitterer ermordet aufgefunden und bald stellt sich heraus, dass die Fälle zusammmen hängen und ihre Ursprung in der Vergangenheit haben. Dabei spielt ein altes Bild, das Oswald von Wolkenstein auf einem Weinfass im Meer treibend zeigt, eine tragende Rolle...

 

Sigrid Neureiter ist mit »Kurschattenerbe« erneut ein spannender Lokalkrimi geglückt. Die Protagonistin ist sympathisch gezeichnet und profitiert von der Erfahrung der Autorin, die selbst eine PR- Agentur in Wien betreibt. Sämtliche andere Figuren werden stark und bildhaft dargestellt und agieren stets glaubhaft und ihrem Charakter entsprechend. Viele interessante, charmante, geheimnisvolle und liebenswerte Personen mischen sich unter die Verdächtigen und Zeugen. Identifikationsfiguren findet man als Leser/in genug.

Hinzu kommt, dass Sigrid Neureiter abermals einen spannenden Plot erdacht hat, der uns ein Stück Geschichte näher bringt. Kunstvoll verwebt sie zwei Familiengeschichten miteinander, zwei Schicksale, die viele Jahrhunderte zuvor besiegelt wurden und sich an einem Punkt überschneiden.

Der Roman liest sich schnell und flüssig, enthält viel Lokalkolorit. Teilweise sprechen die Figuren in starkem südtiroler Dialekt. Sigrid Neureiter setzt diesen allerdings sparsam ein, sodass man nicht völlig aus dem Lesefluss gerät. Ein Glossar gibt es nicht, jedoch werden fremdsprachige Begriffe und Dialektausdrücke mittels Fußnoten, direkt auf der betreffenden Seite erklärt, was sehr praktisch ist, da man nicht ständig gezwungen ist zum Glossar zu blättern, wie es sonst bei vielen Lokalkrimis üblich ist.

Einigen Kapiteln sind Auszüge aus Liedtexten/Gedichten von Oswald von Wolkenstein vorangestellt. Die Kapitel selbst sind mittellang, die verschiedenen Erzählperspektiven und Szenenwechsel sichtbar durch Sternchen getrennt. Zusätzlich wurde der Roman in fünf Teile gegliedert (Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag), was die Übersichtlichkeit fördert.

Das Coverbild ist gut gewählt, wirkt beschaulich und sehr ansprechend. Das Wasser wurde in Hochglanzdruck geprägt, was dem Bild Tiefe gibt. Die Schrift ist Gmeiner typisch in angenehmer Größe, die Buchstaben dick und schwarz gedruckt, also sehr lesefreundlich.

 

Alles in allem ist »Kurschattenerbe« ein fesselnder Lokalkrimi mit faszinierenden Figuren, einem spannenden Thema und perfekt kontruiertem Plot! Am Ende freut man sich schon auf den nächsten Roman der Autorin, vor allem weil man wissen will, wie es bei Jenny privat weiter geht. Mehr verrate ich hierzu nicht.

 

Fazit: Von mir gibt es deshalb eine ganz klare Kauf- und Leseempfehlung, nicht nur für Kurgäste!!

Vielen Dank an den Gmeiner Verlag für diese kurzweilige und unterhaltsame Lektüre!