Rezension

Ein mitreißender historischer Roman und rundum gelungener Schmöker

Das Geheimnis der Muse - Jessie Burton

Das Geheimnis der Muse
von Jessie Burton

Bewertet mit 5 Sternen

INHALT

In den 1960er Jahren verlässt die junge Odelle Bastien ihre Heimat Trinidad, um in England ein besseres Leben zu finden und vor allem ihren Traum vom Schreiben verwirklichen zu können. In London findet sie schließlich eine gut bezahlte Anstellung als Schreibraft bei der angesehenen Kunstgalerie Skelton. Ihre neue Chefin Marjorie Quick erkennt rasch Odelles wahre Leidenschaft und fördert ihre schriftstellerischen Ambitionen. Odelle lernt den jungen Engländer Lawrie kennen, der von seiner kürzlich verstorbenen Mutter ein Gemälde geerbt hat und mehr über den Künstler in Erfahrung bringen möchte. Schon bald steht fest, dass es sich bei dem sensationellen Fund um ein verschollenes Werk des im Spanischen Bürgerkrieg verschwundenen Künstlers und Revolutionärs Isaac Robles handelt. Bei ihren Nachforschungen stößt Odelle auf eine mysteriöse Geschichte, die ihren Ursprung in den späten 1930er Jahren auf einem Landgut in Andalusien hat, und auf ein unergründliches Geheimnis, das sich um die junge Malerin Olive Schloss und das Geschwisterpaar Robles rankt.

MEINE MEINUNG

Nach ihrem weltweit erfolgreichen Debütroman „Die Magie der kleinen Dinge“ ist Jessie Burton mit „Das Geheimnis der Muse“ erneut ein fesselnder historischer Roman gelungen, der mich mit seiner vielschichtigen Handlung und seinen interessanten, lebendigen Charakteren überzeugen konnte. Hierin erzählt Burton sehr abwechslungsreich die faszinierenden Lebensgeschichten dreier junger Frauen zu zwei unterschiedlichen Zeitepochen.

Mit ihrem wundervoll einfühlsamen, mitreißenden Schreibstil und geschickt gesetzten Perspektivwechseln ist es der Autorin mühelos gelungen, mich immer tiefer in die mysteriösen Geschehnisse und aufregenden Verwicklungen rund um das Gemälde und das damit verknüpfte Geheimnis hineinzuziehen, so dass ich schon bald das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte. Zugleich entführt sie uns mit ihren anschaulichen, atmosphärisch dichten Beschreibungen zu zwei faszinierenden Schauplätzen: zum einen in die schillernde Metropole London der Swinging Sixties mit Odelle als Protagonistin und zum anderen in ein kleines Dorf in Andalusien in den späten 1930ger Jahren kurz vor Ausbrechen des Spanischen Bürgerkriegs, in der Olive und das spanische Geschwisterpaar Teresa und Isaac Robles im Mittelpunkt stehen.

Sehr gelungen sind vor allem die im heißen, ländlichen Andalusien angesiedelten Ereignisse, die eine spannungsgeladene Zeit des Umbruchs beschreiben, in der das Leben aller von den Vorboten des Spanischen Bürgerkriegs überschattet wird.

Jessie Burton verwebt in ihrem Roman äußerst geschickt die zwei auf unterschiedlichen Zeitebenen angesiedelten Handlungsstränge zu einer fesselnden Hintergrundgeschichte, bei der zunächst nur das für verschollene gehaltene Gemälde der gemeinsame Verknüpfungspunkt zu sein scheint. Gebannt verfolgt man die rätselhaften Geheimnisse rund um die Hauptfiguren und versucht die tragischen Verwicklungen zu ergründen, die ihr Leben unausweichlich beeinflussen und auf einschneidende Weise verändern werden. Hier kommen große Emotionen ins Spiel - Liebe, Leidenschaften, Eifersucht, Freundschaft, Loyalität und Verrat lassen die Lektüre oft zu einer spanungsgeladenen Achterbahnfahrt von großem Glück, tiefen Enttäuschungen und persönlichen Tragödien werden.

Fasziniert haben mich vor allem die hervorragend ausgearbeiteten weiblichen Hauptfiguren Odelle und Olive, die im Laufe der Handlung viele charakterliche Gemeinsamkeiten erkennen lassen. Beide Frauen haben Träume und Wünsche für ihr Leben, die nicht in die gesellschaftlichen Vorstellungen und das vorrangig patriarchalisch geprägtes Denken ihrer Zeitepoche passen. So werden insbesondere ihre „nicht frauentypischen“, künstlerischen Talente vom ignoranten Umfeld eher belächelt als akzeptiert und gefördert. Aus Angst vor Enttäuschung und offener Ablehnung trauen sie sich nicht zu ihrer Kunst zu stehen. Dennoch sind es zwei Frauen, die ihre Leidenschaft für die Kunst auf ganz unterschiedliche Weise unterstützen und sie in die Öffentlichkeit bringen. Die Geschichte der beiden beschreibt Burton sehr mitreißend, einfühlsam und nachvollziehbar.

Auch die übrigen Charaktere sind vielschichtige, interessante Persönlichkeiten, deren Gedankenwelt und Verhalten gut nachvollziehbar ist.

Der Autorin gelingt es hervorragend, die Spannung bis zum Schluss aufrecht zu erhalten und uns mit der Auflösung des folgenschweren Geheimnisses um das Gemälde und einigen fesselnden Hintergründen zu überraschen. Sehr gelungen finde ich dabei den als Nachtrag betitelten Ausklang des Romans.

FAZIT

Ein sehr mitreißender, historischer Roman und ein rundum gelungener Schmöker, den ich kaum aus der Hand legen konnte. Allen in allem ein tolles Buch, welches ich gerne weiter empfehlen kann!