Rezension

Ein Monat auf dem Land

Ein Monat auf dem Land
von J. L. Carr

Der Klappentext ist meines Erachtens perfekt gewählt, weshalb ich auf den Inhalt des Buches nicht tiefer eingehen möchte. "Ein Monat auf dem Land" ist die Geschichte eines Mannes, der vom Krieg stark traumatisiert in ein kleines Städtchen in Yorkshire kommt und sich innerhalb dieses Monats verändert. Er schließt Freundschaften, findet Freude an seiner Arbeit, kommt zur Ruhe.

Mir als Leser bereitete dieses Buch große Freude. Ich genoss es, Toms Weg zu verfolgen und kam beim Lesen selbst zur Ruhe. Die Atmosphäre der Kleinstadt ging direkt auf mich über. Dies wurde nicht zuletzt durch den großartigen Schreibstil unterstützt. Dieser Roman ist voll sprachlicher Schönheiten, sodass ich bei einigen Sätzen lächeln musste und eine Gänsehaut bekam. J.L. Carr erzählt als Tom Birkin und mit einer gewissen Melancholie, seinen Monat auf dem Land. Er schreibt in der Retroperspektive und das besondere ist, dass der Leser, auch wenn er nicht weiß, wie es nach dem Monat mit Tom Birkin weiter ging, das Gefühl hat, dass er zu einem glücklichen Mann wurde.

"Wir sind von Natur aus hoffnungsvolle Geschöpfe, stets bereit, von Neuem betrogen zu werden, voll banger Erwartung, welches Wunder sich möglicherweise in einem braunen, auch noch so schmuddeligem Packpapierpaket verbirgt." (S. 24)
Während J.L. Carr also stets die perfekten Worte wählt und den Leser damit mitten ins Herz trifft, beschreibt er auch die Orte und Taten der Charaktere so genau, dass der Leser in den Glockenturm gesogen wird, ein Gemälde freilegt oder sich mit den Ellerbecks unterhält.

Auch die Charaktere in diesem Buch mochte ich sehr gerne. Viele gibt es nicht. Da wären der junge Tom Birkin. Der mürrisch wirkende Pfarrer Keach, der mich insbesondere zum Schluss mit wundervoll gewählten Worten überraschte, und seine wunderschöne Frau Alice. Charles Moon, der Archäologe, der ein wichtiges Grab finden soll und zu Toms Freund wird. Besonders gut gefallen hat mir die junge Kathy Ellerbeck, die kein Blatt vor den Mund nimmt und von Tom Birkin mit folgenden Worten beschrieben wird:

"(...) um des Redens willen zu reden, so wie manche Kinder Gefallen an Eiscreme hatten." (S. 45)
Die Charaktere empfand ich als originell und authentisch in ihren Handlungen und ihrem Sein.

1980 war J.L. Carr mit diesem Werk für den Booker Preis nominiert. Mehr als 30 Jahre hat es gedauert, dass dieser Roman in die deutsche Sprache übersetzt wurde.

Fazit: Ein wunderschöner, lebendiger Roman, den ich sicherlich noch mehrmals lesen werde. Ich hoffe, dass auch die anderen Werke des Autors bald ins Deutsche übersetzt werden.