Rezension

ein mordsmäßiges Psychoprogramm

Das Programm - V. S. Gerling

Das Programm
von V. S. Gerling

Bewertet mit 3.5 Sternen

Kriminalhauptkommissar Nicholas Eichborn leidet an psychischen Spätfolgen nach einer Verletzung bei seinem letzten Einsatz als Zielfahnder. Deshalb bekommt er erst mal einen vermeindlich ruhigeren Job bei der Mordkommission, wo innerhalb kürzester Zeit mehrere Frauen auf ähnlich grausame Weise ermordet werden. Dort lernt er die psychologisch geschulte Ermittlerin Helen Wagner kennen und es funkt sofort heftig zwischen den beiden. Viel Zeit für eine Annäherung bleibt allerdings nicht, da der Mörder ein hohes Tempo vorlegt und dabei immer den Schauplatz der Verbrechen wechselt. Hamburg, Köln oder München sind Schauplätze seiner Verbrechen. Bald gibt es erste Hinweise die zu einer Organisation namens New Horizon führen und die ein ungewöhnliches psychologisches Programm anbieten und interessierten Mitgliedern damit Hilfe bei ihren psychischen Problemen versprechen.
Warum tötet der Killer immer wieder Mitglieder dieser sektenähnlichen Organisation? Hat der Mörder auch dieses Programm durchlaufen? Was passiert dort mit den Menschen?

Es wird sowohl aus der Ich-Perspektive von Nicholas, der neutralen Erzählersicht und aus der Sicht des Mörders berichtet, was verschiedene Einblicke und Anhaltspunkte gibt und dem Leser immer etwas mehr Infos liefert, als den Ermittlern. Interessant fand ich auch das Thema Gehirnmanipulation. Ich lese gerne Krimis, in denen die psychologische Komponente eine große Rolle spielt.

Das Tempo wird kontinuierlich hochgehalten, was eigentlich ja positiv ist aber im Laufe der Geschichte hatte ich manchmal das Gefühl, dass dadurch teilweise die Logik oder die Genauigkeit auf der Strecke blieben. Vor allem die Handlungen „des Mörders“ und von Nicholas konnte ich manchmal nicht mehr ganz nachvollziehen. Manche Handlungsstränge wurden so vernachlässigt, dass ich es mir nicht vorstellen konnte, dass die Polizei so sträflich gehandelt hätte. Beim Showdown überschlagen sich die Ereignisse und ich fühlte mich etwas überrollt von der Handlung und hatte am Ende doch einige nur halb beantwortete Fragen und einen Kommissar, der viel von seinem Charisma und seinem Charme eingebüßt hatte, da er für mich nicht mehr integer war und auch keiner von den Guten mehr.
     
Die Geschichte hat noch eine Eigenheit. Sie ist über weite Strecken sehr ironisch und mit dem sarkastischen Witz des Kommissars muss man klarkommen. Da er auch in blutigen und traurigen und dramatischen Momenten immer einen Spruch auf den Lippen hatte, kam er mir manchmal so lässig wie James Bond vor  und das Spektakel am Schluss passte auch zu diesem Vergleich.

Das klingt alles vielleicht ein bisschen negativer, als ich es meine. Das Buch war von Anfang an mitreisend, sehr unterhaltsam und gut lesbar. Ich hätte mir einfach etwas weniger Witze und etwas mehr Tiefgang gewünscht und vielleicht ein Ende, welches einen Hauch realistischer gewesen wäre.

Ich bedanke mich für die Möglichkeit, das Buch und den Autor in einer angeregten Leserunde entdecken zu dürfen und werde ihn sicherlich nicht zum letzten Mal zur Hand genommen haben.