Rezension

Ein netter Auftakt, aber für eine Dystopie zu viele Logiklücken

Die Bestimmung
von Veronica Roth

Bewertet mit 3 Sternen

Meine Meinung:
Zunächst einmal habe ich angefangen dieses Buch zulesen, als ich gesehen habe, dass der entsprechende Film am 10. April 2014 in die deutschen Kinos kommen soll. Der Film ist starbesetzt, der Trailer spannend – da ich schon die Tribute von Panem gesehen habe, ohne das Buch zu gelesen zu haben, sah ich dies als eine neue Chance. Ich wollte auch endlich mal mitreden können, wenn es wieder heißt: Waren die Schauspieler/Kulissen/Szenen/Kostüme gut gewählt? Wo wurde die Story verändert? Etc

Ich ging mit relativ hohen Erwartungen an das Buch heran, schließlich ist es ein Bestseller, der aufwändig verfilmt und hoch gelobt wurde. Dytopien lese ich gerne – der Weg war also geebnet.
Für die wenige Zeit, die mir in den letzten Wochen zur Verfügung stand, habe ich das Buch auch erstaunlich schnell zu Ende gelesen – dieses Phänomen wird auch „verschlungen" genannt und ist wohl unerlässlich für einen Bestseller.
Ich könnte nun einfach sagen, dass die Charaktere gut waren, die Story außergewöhnlich, die Sprache gut zu lesen und dem Buch seine 5 von 5 Punkte geben. Aber so einfach will ich diese Dystopie nicht davon kommen lassen, denn ich habe lange über meine Bewertung nachgedacht und werde im Folgenden versuchen zu erklären, warum das Buch von mir keine 5 Sterne bekommt.

Der Anfang stellte für mich eine größere Hürde dar, als gedacht. Ich habe bereits in Rezensionen gelesen, dass Leser eine Zeit lang brauchten, um sich in die Welt von Veronica Roth einzufinden.
Mir ging es genauso!
Die meisten Dystopien haben den Anspruch eine nachvollziehbare und unter Umständen vorstellbare Zukunftsversion der heutigen Welt darzustellen. Ein bekanntes Beispiel ist sicher "1984" von George Orwell. Oft wird das Genre der Dystopie genutzt, um auf gegenwärtige Probleme aufmerksam zumachen und Sachen wie Spionage & Überwachung oder die zunehmende Technologisierung zu kritisieren. Dystopien sind schlechte Zukunftsszenarien, während Utopien sehr gute sind.

Mit „Die Bestimmung" hatte ich am Anfang so meine Probleme, weil ich mir beim besten Willen nicht vorstellen konnte, wie und warum sich die Menschen irgendwann in diese 5 Fraktionen aufteilen sollten und was mir die Autorin damit sagen will. Vor welchem Phänomen will die Autorin hier warnen? Davor, dass wir uns zu sehr auf eine Eigenschaft, wie Wissen oder Mut konzentrieren? Warum sollte das je passieren? Daraus entstand auch mein Problem mit den „Unbestimmten".
Zwei Fragen verfolgten mich beim Lesen bis zum Ende:

1. Warum gibt es nicht noch viel mehr „Unbestimmte"? Es ist für mich unvorstellbar, dass es nur eine Hand voll Jugendliche geben soll, die Fähigkeiten in mehr als einem der 5 Bereiche haben sollen.
2. Warum gefährden die „Unbestimmten" das System? Warum muss Beatrice geheim halten, dass sie eine Unbestimmte ist? Natürlich gibt es manche Leute, denen man das nicht auf die Nase binden sollte, aber warum nicht bspw. ihren Eltern? Und was sagen die Fraktionsführer zum Thema "Unbestimmte" in der Öffentlichkeit? Werden sie geächtet? Sind sie verdammt? Ist es den meisten am Ende egal? Das Thema wird offensichtlich totgeschwiegen.

Meine zweite Frage wurde am Ende teilweise beantwortet, aber nur teilweise, was ich sehr unbefriedigend fand.
Mit der Zeit habe ich meine allgemeinen Fragen an die Seite gekehrt und mich ganz auf das Buch eingelassen, denn das geht gut. Der Schreibstil ist flüssig und bildreich (auch wenn ich mir die Actionszenen nicht alle vorstellen konnte – ich warte also gespannt auf den Film), die Geschichte ist sehr spannend, zweitweise brutal, zwischendurch fühlt man selbst Beatrice Stärke zwischen den Zeilen, die in den Leser überzugehen scheint, sodass man sich dabei erwischt, wie man die Faust gen Himmel streckt und schreit: „Mach sie fertig!"
Beatrice gewinnt neue Freunde, Feinde und die erste Liebe (ein Highlight im Buch: Four und die Liebesgeschichte zwischen den beiden... sooo schön), sie macht viel durch und erkennt, was Familie heißt und wem sie wirklich vertrauen kann - Fraktionen wie Menschen.
Alles soweit sehr schön und spannend, während sich im Hintergrund die dunkle Bedrohung (Achtung: Star-Wars-Anspielung!) zusammenbraut und der Leser mitfiebert und Wetten abschließt, wer den Showdown noch erlebt und wer vorher über die Klinge springt. Das Buch ist kaum mehr aus der Hand zu legen.

„Sie wollen dir einreden, dass es sie interessiert, was du tust , aber das stimmt nicht. Sie wollen nicht, dass du auf eine bestimmte Art und Weise handelst, sie wollen, dass du auf eine bestimmte Art und Weise denkst. Dann bist du berechenbar. Und dann bist du keine Gefahr für sie." (S. 307, Four)

Und dann kam das Ende... und wieder konnte ich es nicht nachvollziehen.
Ich werde definitiv keine Spoiler in diese Rezension einbauen!
Die Auflösung, wie die Bösen es schaffen technisch ihren Plan durchzuführen (ich hoffe das ist politisch korrekt formuliert) und warum Beatrice das verhindern kann v.e.r.s.t.e.h.e. ich nicht! Ich lasse mich ja gerne belehren, aber aus meiner Sicht ist es ungenügend erklärt, sodass ich das Gefühl habe, die Autorin hätte diesen Twist einfach nicht genügend durchdacht.

Fazit:
Alles im allen handelt es sich um eine Dystopie, die ich Jugendlichen ab 14 Jahren empfehlen würde, da Gewalt schon eine große Rolle spielt. Ich habe mir sagen lassen, dass am Ende vom zweiten Teil der Trilogie vieles klarer wird und scheinbare Logiklücken nun in einem anderen Licht erscheinen. Alleine deswegen und weil ich wissen will, wie es weiter geht, werde ich auf jeden Fall den nächsten Teil lesen. Außerdem freue ich mich schon auf die filmerische Umsetzung.
Doch trotz dieser vielen positiven Punkte kann ich einer dystopischen Geschichte mit unglaubwürdigen Hintergrund keine 5 Punkte und auch keine 4 Punkte geben. Bei Büchern deren Namen so änlich wie "Das Verlangen des Highlanders" klingen, würde ich für solche Logiklücken keinen Punkt abziehen. Aber für eine Dystopie ist die Logik und Glaubwürdigkeit unerlässlich!