Rezension

Ein Roman der zum Nachdenken anregt

Dinge, die vom Himmel fallen
von Selja Ahava

Bewertet mit 4 Sternen

"Mein Vater versuchte immer, uns zu beschützen, aber das reichte am Ende nicht. Er hat sich zu sehr auf die Wände konzentriert und dabei den Himmel vergessen." S.81 

Selja Ahava erzählt die Geschichte einer Familie dessen Leben von vielen, unwirklich erscheinenden, Ereignissen geprägt wird. Manchmal reicht eben nur ein Moment aus um das bisherige Leben auf den Kopf zu stellen. Und wie man damit umgeht ist bei jedem anders. 
Saara ist 8 Jahre alt als ihre Mutter von einem Eisblock erschlagen wird, ihre Tante Annu gewinnt zwei Mal den Jackpot im Lotto. Es geht darum wie die beiden sowie Saara's Vater mit der ganzen Situation umgehen, denn wie wahrscheinlich ist es überhaupt, dass das Schicksal einen so trifft? Natürlich stellen sich die Protagonisten die Frage ob alles nur ein Zufall ist oder doch eine höhere Bedeutung hat. Und wie kann es sein, dass ein Mann vier Mal vom Blitz getroffen wird und es überlebt, was gibt er für eine Erklärung dafür? Ist es nur Pech? 
Dieser Roman ist kurz und hallt dennoch lange nach. Wird zu Beginn noch aus der leicht kindlichen und doch auch erwachsenen und nüchternen Sicht von Saara erzählt, die mir mit ihrer Art einen anderen Blick auf die Welt gewährt, nimmt die Erzählkunst gegen Ende eine leicht düstere, erwachsene und melancholische Wendung an was auch am vorrübergehenden Perspektivwechsel liegt. 
Es ist flüssig zu lesen, mit einigen märchenhaften Zügen versehen -die man jederzeit auf die Protagonisten beziehen kann- und die Erzählweise ist so gut, dass man es kaum schafft sich der ausbreitenden Hilflosigkeit zu entziehen die einen befällt. 
Hat mir die erste Hälfte des Buches noch gut gefallen, wurde ich von der Entwicklung in der zweiten Hälfte regelrecht aufgewühlt. Der Zeitsprung um vier Jahre kam schnell, unvorbereitet und hat bei mir eher einen verwirrten Eindruck hinterlassen sowie noch mehr Fragen aufgeworfen. 
Konnte ich am Anfang noch den Protagonisten folgen, sie teilweise verstehen, war mir auf den letzten Seiten vieles unerklärlich, weil sich gleichermaßen nichts und doch so vieles verändert hat womit ich mich nicht anfreunden konnte. Gerade was die Vater-Tochter Beziehung angeht und die neue Person in ihrem Leben. Es gibt nur wenige Dialoge und die meisten Gefühle der Charaktere kann man eher erahnen. Gerade bei Saara muss man zwischen den Zeilen lesen. 
Und dennoch habe ich sehr gerne aus ihrer Sicht gelesen, habe mich einfach in den Erzählungen verloren. Sie ist solch ein kluges Kind, das mit seiner Trauer allein gelassen wird, weil die Erwachsenen zu sehr mit ihren eigenen Gedanken zu kämpfen haben. Man spricht zu wenig mit ihr, erklärt ihr nicht genug und bietet ihr keinen Halt was es mir erschwert hat die anderen zu mögen. Ich hätte nur zu gerne die ganze Geschichte aus ihrer Perspektive gelesen. 

"Manchmal fällt der Himmel herab, manchmal sinkt der Erdboden ein. Manchmal trifft einen ein so unfassbar es Glück, dass es schwer ist, damit weiterzulesen. Manchmal passiert etwas -nur ein einziges Mal-, aber man muss den Rest seines Lebens über das Warum nachdenken. Manchmal passiert nichts, und man denkt den Rest seines Lebens darüber nach, warum es nicht passiert ist." S.115 

Ein Roman bei dem man unbedingt mitdenken muss, es ist keine leichte Kost sondern hat zumindest bei mir dazu geführt, dass ich mir auch um mein Leben und Sichtweisen Gedanken mache. 
Er hat in mir verschiedene Gefühle hervorgebracht und ich kann versprechen, dass nichts in diesem Buch so kommt wie man es erwartet. Es überrascht, lässt viele Fragen aufkommen und ich komme nicht umhin auch einen Tag später über die Geschichte zu grübeln. 
Und auch wenn es inhaltlich nicht immer mein Fall war so habe ich das Sprachliche mehr als genossen. Es gibt viele Sätze, die ich mir am liebsten niedergeschrieben hätte, weil sie aus so viel Wahrheit bestehen. 
Es ist ein Buch das man gelesen haben muss um zu verstehen worüber es auch nur ansatzweise handelt. Eine Zusammenfassung reicht da ehrlich gesagt nicht aus, man muss es selber erleben. 
Wenn man sich also nicht davor scheut ein Buch voller Melancholie zu lesen und anspruchsvolle Lektüre mag ist es auf jeden Fall einen Versuch wert. Von mir bekommt es 3,5 Sterne.