Rezension

Ein schöner, nachdenklicher Roman über das Leben

Zwanzig Zeilen Liebe
von Rowan Coleman

INHALT:

Stella ist Nachtschwester in einem Hospiz. Eine ihrer Aufgaben ist es, Briefe im Auftrag ihrer Patienten an deren Hinterbliebenen zu schreiben. Diese Briefe gelangen zu ihren Empfängern nachdem der Absender verstorben ist. Doch eines Tages bekommt Stella einen besonderen Brief, der sie emotional einfach nicht loslässt. Sie spielt Schicksal und schickt den Brief vor dem Tod des Absenders los. Damit tritt sie ein Gefühlschaos los, aber nicht nur ein Leben wird aufgewühlt. Auch Stellas Ehe ist momentan mehr als kompliziert. Lohnt es sich für sie noch zu kämpfen?

MEINE MEINUNG:

Als ich vom Piper Verlag dieses Buch als Überraschungspost zugesandt bekam, habe ich mich riesig gefreut. Der Klappentext sowie das Cover sahen sehr vielversprechend aus und auch die Autorin war mir ein Begriff. Ihr anderes Buch "Einfach unvergesslich", das von einer jungen alzheimererkrankten Frau handelt, steht sehr weit oben auf meiner Wunschliste. Obwohl mich das Thema und das Buch brennend interessieren, bin ich leider noch nicht dazugekommen es zu lesen, umso mehr habe ich mich gefreut ein anderes Buch der Autorin entdecken zu dürfen.

Stellt euch vor, ihr wüsstet, dass ihr sterben müsst. Wem würdet ihr einen Abschiedsbrief schreiben? Wie würdet ihr mit eurem bevorstehenden Tod umgehen?
Unter anderem diese Fragen werden in "Zwanzig Zeilen Liebe" einfühlsam aus der Sicht von drei Protagonisten in der Ich-Form thematisiert.
Diese Perspektivwechsel bringen Farbe und verschiedene Handlungsstränge in die Geschichte. Die drei Protagonisten und Erzähler Stella, Hope und Hugh sind vollkommen verschieden und doch sind ihre drei Geschichten alle miteinander verwoben. Die Autorin schreibt sehr einfühlsam mit vielen Gedanken über den Tod, das Leben und die Liebe - die drei Hauptthemen des Romans.
Da wäre die zynische 21-jährige Hope, die an Mukoviszidose erkrankt ist. Ihr bester Freund Ben besucht sie täglich, als sie im Marie-Francis-Hospiz sich von einem Anfall erholen muss.
Hugh ist Historiker und lebt gerne für sich, bis sich die neuen Nachbarn sich mit ihm anfreunden wollen. Doch nicht nur die nette Sarah und ihr Sohn Mikey wirbeln sein gewohntes Leben mächtig durcheinander. Auch der Kater Jake/Shadow/Ninja, der herumstreunt, verbindet die drei Hauptcharaktere miteinander.

Die sympathische Krankenschwester Stella kümmert sich hingebungsvoll um ihre Patienten und verfasst deren Abschiedsbriefe. Diese Abschiedsbriefe sind absolut prägend für den Roman.
Alle paar Seiten findet man einen Abschiedsbrief einer wildfremden Person. Durch wenige Zeilen taucht man kurz in deren Leben ein und jeder Brief hat mich wirklich berührt. Ob es nun die Oma ist, die ihrer neugeborenen Enkelin schreibt oder die Frau, die ihrer langjährigen Affäre einen Abschiedsbrief schreibt. Diese kurzen Briefe waren für mich das Schönste und Berührendste an dem Roman, man konnte sich das Leben der Verstorbenen und auch der Hinterbliebenen gedanklich ausmalen und in weitere Geschichten abtauchen.

Obwohl mir alle Protagonisten schnell ans Herz gewachsen sind, war mir besonders Stella sehr sympathisch. Ihr Ehemann Vincent, der von Dämonen der Vergangenheit getrieben ist, lässt keinerlei  Nähe zu. Als Leser erhält man immer mal wieder Einblicke in die romantische Vergangenheit des Paars. Doch die Kluft zwischen den beiden ist mittlerweile so groß, dass man sich fragt, ob sie jemals wieder zueinander finden können.

Die Thematik und die damit verbundene Tiefsinnigkeit mit poetischen Gedanken über das Leben und den Tod haben mir ausgesprochen gut gefallen. Auch wenn die Handlung teilweise etwas vor sich hinplätscherte und nach einer Weile vieles sehr vorhersehbar war, habe ich das Buch sehr gerne gelesen. 

MEIN FAZIT:
Abgesehen von der teilweise plätschernden Handlung und einer gewissen Vorhersehbarkeit, hat Rowan Coleman alles richtig gemacht. Eine wunderschöne Geschichte mit Protagonisten, die wie aus dem Leben gegriffen wirken und einer tiefsinnigen Thematik. Unglaublich berührende Abschiedsbriefe, die den Leser für kurze Zeit in Schicksale eintauchen lassen, sehr sympathische Protagonisten und Perspektivwechsel machen "Zwanzig Zeilen Liebe" zu einem nachdenklichen, schönen Roman über das Leben!