Rezension

Ein Schweizer in Abessinien

Munzinger Pascha - Alex Capus

Munzinger Pascha
von Alex Capus

Bewertet mit 4 Sternen

Lustlos und ziemlich halbherzig arbeitet Max Mohn, Reporter aus Olten in der Schweiz, an einem Bericht über einen Kunstmaler, als er zufällig in einem Lexikon folgenden Eintrag entdeckt: „WERNER MUNZINGER PASCHA (1832-1875), Generalgouverneur der ägyptischen Provinzen am Roten Meer und des östl. Sudans, Afrikareisender und Sprachforscher“. Das interessiert Mohn doch viel mehr, als die Reportage über den Maler. Kurzentschlossen fliegt er nach Kairo und fotokopiert im dortigen Ägyptischen Staatsarchiv Munzingers noch erhaltene Korrespondenz. Doch zurück in Olten ist sein Interesse auch schon wieder verflogen. Es soll noch einige Zeit dauern, bis er sich ans Schreiben macht …

Der Autor Alex Capus wurde 1961 in Frankreich geboren und lebt heute mit seiner Familie in Olten im Schweizer Kanton Solothurn. Er studierte Geschichte, Philosophie und Ethnologie und arbeitete während und nach seinem Studium als Journalist und Redakteur bei verschiedenen Schweizer Zeitungen. 1994 veröffentlichte er seinen ersten Erzählband. Sein Debütroman ist „Munzinger Pascha“, der 1997 erschien. Mehrere Kurzgeschichten, historische Reportagen und Romane folgten, für die er zahlreiche Preise erhielt. Sorgfältig recherchierte und geschichtlich überlieferte Tatsachen verknüpft Capus gerne mit fiktiven Geschichten, die überwiegend in der Schweiz spielen.

Zwei Männer – zwei Geschichten: Werner Munzinger hat wirklich gelebt, was durch Aufzeichnungen und Briefe belegt ist. Als Forschungsreisender kam er 1852 über Kairo und dem Roten Meer nach Abessinien (heute Eritrea und Äthiopien), gelangte zu Reichtum durch Handel mit Europa, wurde von Ägypten zum Gouverneur oder Pascha ihrer eroberten Provinzen eingesetzt und ungewollt in Kriege und Intrigen verwickelt. Der fiktive Teil der Geschichte berichtet von dem jungen Lokalreporter Max Mohn, der mehr oder weniger gescheitert und unzufrieden mit seinem Dasein ist. Geplagt von Schreibblockaden und gelangweilt vom Provinzleben begibt er sich 150 Jahre später nach Kairo und hofft, mehr über den Munzinger Pascha herauszufinden und neue Anregungen zu bekommen. 

Der Schreibstil ist flüssig, gut verständlich und gelegentlich leicht ironisch. Die beiden Haupt-Charaktere sind sehr differenziert und gut heraus gearbeitet, keiner ist eigentlich Sympathieträger, aber jeder hat seine besonderen Eigenarten. Dem Autor gelingt es, sowohl Werner Munzinger als auch Max Mohn lebendig werden zu lassen. Als Leser ist man mittendrin in der Vergangenheit und erlebt die strapaziösen Expeditionen bei glühender Hitze in unwegsame Gegenden hautnah mit. Erschüttert stellt man fest, dass sich Munzinger nach und nach abhängig macht und zum Vasall der ägyptischen Regierung wird. Man leidet und fühlt aber auch mit Max Mohn, wie er linkisch versucht, eine Frau zu beeindrucken und wie Polja dann mit ihm auf der Harley-Davidson durch die Nacht fährt, immer Richtung Süden …

Fazit: Lesenswerte Roman-Biografie außergewöhnlichen über einen Mann und gleichzeitig eine interessante Studie über Afrika zur Kolonialzeit.