Rezension

Ein sehr berührendes Buch

Bevor ich sterbe - Jenny Downham

Bevor ich sterbe
von Jenny Downham

Bewertet mit 5 Sternen

Wenn man den Gedanken an mögliche Parallelen zu Harry Potter mal beiseite schiebt, dann kann man komplett in die Geschichte reinfallen und sich von ihr verzaubern lassen.

Fakten

Titel: Bevor ich sterbe
Autorin: Jenny Downham
Verlag: Goldmann 
Reihe: nein
Seitenzahl: 315
Erscheinungsjahr: 2007
ISBN: 978-3-442-47106-5
Bewertung: 5/5

Inhalt

Die 16-jährige Tessa ist vor vier Jahren an Leukämie erkrankt und ihr Zustand verschlechtert sich stetig. Eines Tages schreibt sie an ihre Zimmerwand eine Liste mit den Dingen, die sie vor ihrem Tod noch erlebt haben will. Die Liste wächst und wächst und beim Abarbeiten ihrer Wünsche hat sie Hilfe nötig. Die bekommt sie unter anderem von ihrer Freundin Zoey, ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder, Cal, sowie auch von ihrem Nachbarn Adam, in den sie sich verliebt. Doch eines Tages keimt in ihr die Frage auf, ob sie überhaupt lieben darf, wenn sie sterben wird.

Meine Meinung
Einstieg in die Geschichte

Die Geschichte beginnt an dem Punkt, an dem Tessa ihren ersten Wunsch an die Wand über dem Bett schreibt. Diesen Einstieg fand ich gelungen, denn um diese Liste geht es schließlich in dem Roman. Zudem lernt man Tessa direkt relativ gut kennen. Sie ist ausgelaugt, hat keine Kraft mehr und will nicht aufstehen. Das führt zu Streitereien mit ihrem Vater. So bekommt man sofort einen Einblick in die Geschichte, die vor einem liegt. | 5/5

Ich setze mich im Bett auf und knipse die Nachttischlampe an. Ein Stift liegt da, aber kein Papier, deshalb schreibe ich an die Wand hinter mir: “Ich will das Gewicht von einem Jungen auf mir spüren.” Dann lege ich mich wieder hin und schau in den Himmel draußen. – Seite 7

Handlung

Zunächst stehen nur zehn Punkte auf Tessas Liste, doch im Laufe der Zeit kommen immer mehr Wünsche hinzu. Leider sind Tessas Wünsche nicht immer so präsent, wie ich es mir gewünscht hätte, aber dennoch sind sie gut eingebunden.

Der Leser begleitet die ganze Zeit Tessa zwischen ihrem Alltag im Bett, Ausflügen mit Zoey und Adam und ihren Krankenhausterminen. Tessa erlebt schöne Dinge, erfährt aber auch Niederschmetterndes. So bekommt sie gesagt, dass es immer schlechter um sie steht. Sie geht mit schlechten Neuigkeiten erstaunlich gut um, doch es wird deutlich, dass sie es doch nicht so auf die leichte Schulter nimmt.

Er hat ein paar Bilder dabei, um den Beweis zu erbringen, die er uns wie Urlaubsfotos reicht und auf kleine dunkle Flecken zeigt, Kleckse, frei flottierende schmutzige Blasen. Als hätte man in mir drin irgendeinem Kind mit einem Pinsel und übermäßigem Tatendrang eine Dose schwarze Farbe in die Hand gedrückt. – Seite 57

In dem Moment, in dem wir sie kennen lernen, steckt Tessa in einem emotionalen Tief. Sie will nicht aufstehen und mit kaum jemanden reden. Doch dann kommt ihr die Idee mit der Liste und in meinen Augen ist das etwas, dass sie ein Stück weit “rettet”. Dadurch wird sie doch wieder aktiv und kann das letzte Stück ihres Lebensweges aktiv mitgestalten und stellenweise sogar genießen.

Wie lange kann ich es aufhalten? Ich weiß nicht. Ich weiß nur, dass ich mich zwischen zwei Möglichkeiten entscheiden kann – in Decken gewickelt bleiben und mit dem Sterben vorankommen oder mir die Liste wieder vornehmen und mit dem Leben vorankommen. – Seite 58

Das Ende ist unglaublich packend und herzergreifend geschrieben, es ist sehr realistisch und ich musste ein paar Tränen verdrücken. | 5/5

Die Charaktere und ihre Entwicklung

Von den sechs Personen, die am meisten in der Geschichte auftauchen, haben nur zwei mich nicht direkt von sich überzeugen können. Aber fangen wir von vorne an. Die Autorin hat ihre Protagonistin liebevoll gestaltet. Ich hatte keine Probleme, Tessas Denken und Handeln nachzuvollziehen. Sie ist auch nicht die typische, kranke Heldin, sondern hat auch viele schlechte Tage. Sie möchte eigentlich ein ganz normales Mädchen sein, wird aber immer wieder daran erinnert, dass sie das nicht ist. Das mochte ich, denn dadurch wurde die Handlung und auch Tessa an sich realistischer.

Tessa lebt zusammen in einem Haus mit ihrem Dad und ihrem kleinen Bruder Cal. Die beiden waren auch gut ausgearbeitet von Frau Downham. Der Vater ist sehr fürsorglich, hat seinen Job aufgegeben, um immer bei seiner kranken Tochter bleiben zu können und ist andauernd auf der Suche nach neuen Methoden, Tessas Krankheit zu heilen. Er probiert alles für seine Tochter und möchte nicht einfach kampflos aufgeben. Es gab Stellen, da war ich mit ihm gemeinsam regelrecht verzweifelt und konnte auch seine Taten sehr gut verstehen. Cal ist erst zwölf und liebt Zaubertricks, die er immer und überall aufführt. Er geht auf sehr kindliche Weise mit der Krankheit seiner Schwester um, schafft es aber doch, sie immer wieder zum Lachen zu bringen. Die einzige Person, die aus der Familie etwas undurchsichtig blieb und kaum präsent war, war die Mutter. Sie lebt getrennt von ihrer Familie und begleitet Tessa fast nie zu ihren Arztterminen. Ich glaube, sie kann damit einfach nicht umgehen, finde es aber weder ihrer Tochter noch ihrem Ex-Mann gegenüber fair, dass sie sich so aus der Affäre zieht. Die Situation ist für die ganze Familie schwierig und jeder hat seine Methoden entwickelt, damit umzugehen.

In den letzten paar Wochen hat er ein kleines Morgenritual entwickelt. Wenn Cal weg ist, macht er sich einen Kaffee, dann räumt er den Küchentisch ab, hält das Geschirr kurz unter fließendes Wasser und stellt die Spülmaschine an. Das dauert so etwa zwanzig Minuten. Danach kommt er an und fragt mich, ob ich gut geschlafen habe, ob ich hungrig bin und wann ich aufzustehen gedenke. In dieser Reihenfolge. – Seite 46

Zoey, die beste Freundin Tessas, war mir nicht unbedingt sympathisch. Zwar habe ich im Laufe des Buches immer mehr begriffen, was sie ausmacht und warum sie so handelt, trotzdem mochte ich sie nicht unbedingt. Adam hingegen ist eine Person, die ich sofort ins Herz geschlossen habe. Er handelt für seine 18 Jahre unglaublich reif und zeigt Tessa, dass jeder Mensch Liebe verdient. | 5/5

Schreibstil

Jenny Downham hat einen unfassbar guten Schreibstil. Der Roman war einnehmend geschrieben, hat mich gepackt und mitgenommen in Tessas Leben. Es sind sehr wortgewaltige Szenen dabei, die dabei auch sehr poetisch sind. | 5/5

Fazit

Ich glaube, meine Worte in dieser Rezension sind Zeugnis genug, dass mich das Buch sehr berührt hat und dass ich der Meinung bin, dass es lesenswert ist.