Rezension

Ein sehr melancholischer, bewegender Jugendroman in Briefform

Love Letters to the Dead
von Ava Dellaira

Bewertet mit 4 Sternen

INHALT

Es beginnt mit einem Brief. Laurel soll für ihren Englischunterricht an eine verstorbene Persönlichkeit schreiben. Sie wählt Kurt Cobain, den Lieblingssänger ihrer Schwester May, die ebenfalls viel zu früh starb. Aus dem ersten Brief wird eine lange Unterhaltung mit toten Berühmtheiten wie Janis Joplin, Amy Winehouse und Heath Ledger. Denn die Toten verstehen Laurel besser als die Lebenden. Laurel erzählt ihnen von der neuen Schule, ihren neuen Freunden und Sky, ihrer großen Liebe. Doch erst, als sie die Wahrheit über sich und ihre Schwester May offenbart, findet sie den Weg zurück ins Leben und kann einen letzten Brief an May schreiben …(Quelle cbt-Verlag)

MEINE MEINUNG

Mit „Love Letters to the Dead” hat die amerikanische Autorin Ava Dellaira einen wundervollen, äußerst bewegenden Jugendroman geschrieben, den man noch lange Zeit in Gedanken mit sich trägt. Was zunächst wie eine typische Highschool-Story mit den üblichen Teenager-Problemchen beginnt, entwickelt sich schon bald zu einer sehr tiefgründigen, mitreißenden und teilweise emotional aufwühlenden Geschichte, in der auch schwierige soziale und familiäre Probleme sehr anschaulich und realistisch thematisiert werden.

Sehr gelungen ist der besondere Erzählstil der Geschichte, die als reiner Briefroman angelegt ist. Wir erleben die gesamte Handlung aus den sehr lebendigen Erzählungen in Laurels Briefen, die sich als eine Art Tagebuch lesen, wodurch wir sehr unmittelbar an ihren Gedanken und Gefühlen teilhaben und uns sehr gut in ihr Innenleben und ihre Handlungen hineinversetzen können. Hervorragend passt auch der eindringliche, teilweise wunderschöne poetische Schreibstil zu der sehr sensiblen Hautfigur Laurel.

Was zunächst als reine Hausaufgabe beginnt, wird für Laurel schon bald zu einer ganz besonderen Form von Problem- und Trauerbewältigung, indem sie zunächst über das keineswegs einfache Leben berühmter Stars von Kurt Cobain, Amy Winehouse bis Heath Ledger reflektiert, sich ihnen öffnen und dabei auch ihre eigenen Schwierigkeiten aufarbeiten kann.

Die Charakterisierung von Laurel ist als typischer pubertierender Teenager mit all ihrer Verletzlichkeit, ihren Selbstzweifeln und ihrem Gefühlschaos durch den tragischen Tod ihrer Schwester ist hervorragend gelungen und sehr authentisch. Sie ist eine wunderbar vielschichtige, interessante Protagonistin, die man einfach in sein Herz schließen muss, je mehr man über sie und die Hintergründe der Schicksalsschläge in ihrem Leben erfährt. Sehr bewegend ist es, ihre charakterliche Reifung und ihren schmerzlichen Aufarbeitungsprozess in ihren Briefen mit zu verfolgen und zu erleben, wie sie sich immer mutiger der Vergangenheit, verdrängten Erlebnissen und ihren Ängsten stellt und diese aufarbeitet, um schließlich ihren eigenen Weg in die Zukunft zu beschreiten.

Sehr gelungen sind auch die sehr lebensnah wirkenden Nebenfiguren mit ihren vielfältigen Problemen und schwierigen Persönlichkeiten, allen voran ihre beiden schillernd ausgearbeiteten Freundinnen Hannah und Natalie.

Da wir diese ausschließlich aus Laurels Perspektive wahrnehmen, wirken einige von ihnen wie beispielsweise Sky und viele Erwachsene leider sehr unnahbar, blass und in ihrem Verhalten recht undurchsichtig.

Trotz vieler sehr traurig stimmender und bedrückender Geschehnisse, die nach und nach in Laurels Briefen an die verstorbenen Berühmtheiten enthüllt werden, versteht es die Autorin hervorragend, auch immer wieder hoffnungsvolle, tröstliche Momente einzubauen, um die sehr eindringliche, melancholische Grundstimmung nicht zu düster und bedrückend werden zu lassen.

Obwohl die Handlung insgesamt eher sehr ruhig voranschreitet und bisweilen auch zu stagnieren scheint, gelingt es Dellaira die aufgebaute Spannung immer weiter zu steigern. Sehr fesselnd ist es, mitzuverfolgen, wie stückchenweise die rätselhaften Umstände des dramatischen Tods ihrer Schwester May aufgeklärt und schließlich auch Laurels streng gehütetes Geheimnis gelüftet wird, an dem sie zu zerbrechen droht. Ihre insgesamt sehr nachdenklich stimmende Geschichte lässt die Autorin mit den letzten Briefen in einem äußerst berührenden Ende gipfeln und stimmt die Leser mit ihrem vielleicht etwas zu Happy End-lastigen Ausklang wieder versöhnlich.

FAZIT
„Love Letters to the Dead“ ein wundervoll geschriebener, tiefgründiger und äußerst bewegender Jugendroman in Briefform über Selbstfindung und die Probleme des Erwachsenwerdens. Nicht nur für Jugendliche sehr empfehlenswert!