Rezension

Ein so berührender und bedeutender Lesegenuss

Libellenschwestern - Lisa Wingate

Libellenschwestern
von Lisa Wingate

Bewertet mit 5 Sternen

Ich weiß gar nicht so richtig, wie ich anfangen soll, denn diese Geschichte ist so bewegend und es ist mir eigentlich auch sehr unangenehm, dass ich vorher von der Thematik gar nichts gewusst habe.

Dieser Roman ist schon ein historischer Roman, doch schwängt er immer wieder von der heutigen Zeit in einen Zeitstrahl der 1930er. Wir erfahren die Geschichte von Rill und ihrer Familie, also ihren Geschwistern und ihren Eltern. Rill ist die Älteste und fühlt sich für ihre Geschwister verantwortlich, doch sie kann mit ihrem kindlichen Wesen doch noch nicht so viel Verantwortung auf sich laden, nur weil Erwachsene meinen, dass sie ein sehr schlechtes Spiel mit ihr und ihrer Familie spielen müssen. Sie kommt mit ihren Geschwistern in ein Waisenhaus und so versucht sie das Versprechen, welches sie ihren Eltern gegeben hat, zu erfüllen. Sie will ihre Geschwister beschützen. Doch wie soll man das machen, wenn man keinen Einfluss hat, wenn man doch nur ein Kind ist, was hin- und her geschubst wird?

Und dann gibt es in der aktuellen Zeit Avery. Sie ist die Tochter eines Politikers, ist gerade in ihren Dreißigern und lernt die 90-jährige May kennen. Diese kommt mit dem Armband von Avery´s Großmutter in Berührung und denkt, dass es ihr eigenes Armband sei. Aber das ergibt für Avery keinen Sinn. Warum sollte ihre Großmutter das Armband einer fremden Frau haben, die definitiv nicht zur Familie gehört? Avery möchte mehr erfahren, kann aber ihre Großmutter Judy nicht mehr fragen, denn diese leidet an Demenz und somit ist es schwierig klare Antworten aus ihr herauszubekommen. Doch da hilft Avery´s Beruf ihr etwas weiter. Sie ist Anwältin und kann sich somit sehr gut in Recherchen festbeißen. Nur will sie das Geheimnis wirklich lüften? Würde es der politischen Karriere ihrer Familie schaden?

Lisa Wingate hat mich weinen lassen, hat mich fluchen lassen und hat mich das Buch weglegen lassen, da mir das Herz so wehtat. Ich konnte mir bis dahin nicht vorstellen, was Menschen anderen antun um reich zu werden. Und dass sie es an Kindern auslassen. So verbindet die Autorin Wahrheit und Fiktion so miteinander, dass man glaubt, man könnte sich wirklich mit May unterhalten, alles aus ihrem Leben erfahren, denn irgendwie ist es doch alles wahr.  Die Geschichte wurde für mich nie langweilig, sondern hat mich jedes Mal aufs Neue in eine Geschichte gezogen, von der ich wissen wollte, wie sie weiterging, wie sie endete, ob es ein Happy End gibt oder nicht? Ich habe so sehr mitgefiebert, auch wenn es eben nicht immer freudige Gefühle waren, die dort bei mir auftauchten, aber dies ist wirklich ein Roman, den ich nur empfehlen kann. Er berührt einen und lässt einen nachdenken, vielleicht lässt er auch andere Leser nicht mit trockenen Augen zurück. Es war wirklich ein berührender und bedeutender Lesegenuss für mich.