Rezension

Ein spannender Thriller mit guten Charakteren. Erinnert an "Criminal Minds" :)

Broken Dolls - Er tötet ihre Seelen
von James Carol

Bewertet mit 4 Sternen

In London sind im letzten halben Jahr insgesamt drei Frauen verschwunden – nur um Monate später urplötzlich wieder aufzutauchen. Lebendig, aber mit klaren Anzeichen von Folter. Außerdem wurde an Ihnen eine Lobotomie durchgeführt. Nun ist es an Profiler Jefferson Winter, dem Täter auf die Spur zu kommen, bevor sein aktuelles Opfer das gleiche Schicksal erleidet.

Als ich das erste Mal von "Broken Dolls" gelesen habe, musste ich sofort an die Serie "Criminal Minds" denken, die ich eine Zeit lang sehr obsessiv geguckt habe. Ich muss zugeben, dass mir bisher kaum bis gar keine Romane über den Weg gelaufen sind, in denen es um Profiler geht. Kann es sein, dass es da nicht soo viele gibt? Oder verpasse ich die einfach? ;) Wenn ihr welche kennt, sagt mir gerne Bescheid, ich erweitere äußerst gerne meinen Horizont.
Jedenfalls sprach mich die Inhaltsangabe demnach auf den ersten Blick an und bekam es dann tollerweise geschenkt.

Protagonist des Thrillers - und der ganzen Reihe - ist Jefferson Winter, seines Zeichens einer der besten Profiler, die derzeit verfügbar sind. Früher beim FBI tätig, hat er sich vor ca. eineinhalb Jahren von diesen Fesseln befreit und arbeitet nun freiberuflich. Wenn also ein Police Department Hilfe beim Schnappen eines Serienmörders benötigt, wird Winter angefordert. In diesem Fall von Scotland Yard im kalten, verschneiten London. Was alleine schon eine echte Herausforderung für den gebürtigen Kalifornier ist... doch auch die Suche nach dem Täter gestaltet sich weniger einfach als gedacht.

In der britischen Hauptstadt sind im letzten halben Jahr insgesamt drei junge Frauen verschwunden - scheinbar spurlos. Alle waren erfolgreich, ehrgeizig, brünett und hatten braune Augen. Und alle tauchten sie wenige Monate später wieder auf - lebendig, wenn auch nicht unversehrt. Denn neben Narben und Wunden, die auf sadistische Folter schließen lassen, gibt dem Ermittlern vor allem eine Tatsache Rätsel auf: an den Opfern wurde eine Lobotomie durchgeführt. Durch den operativen Eingriff, bei dem Nervenbahnen im Gehirn durchtrennt werden, verlieren die Frauen jegliche Fähigkeit, Emotionen zu empfinden und auch die Kommunikation mit anderen Menschen ist nicht mehr möglich. Das beste Beispiel dafür ist Sarah Flight, das erste Opfer, die seit ihrem Auffinden in einem Heim lebt und den ganzen Tag am Fenster sitzt und ins Nichts starrt. Winter besucht sie mehrmals und versucht auf diesem Wege, dem Täter ein wenig näher zu kommen.

Natürlich muss er die Arbeit nicht alleine machen... ihm steht eine ganze Sonderkommision Scotland Yards zur Seite, wobei er jedoch am engsten mit Mark Hatcher, der ihn auch gerufen hat, und Sophie Templeton zusammen arbeitet. Templeton hat sich freiwillig für den Job gemeldet, weil sie - was man sehr schnell merkt - von dem Profiler fasziniert ist. So verbringen die beiden sehr viel Zeit miteinander und, ja, man rechnet fest damit, dass zwischen ihnen mehr passiert als professionelle Unterhaltungen ;)
Die drei Protagonisten fand ich gut gezeichnet. Bei Hatcher merkt man sehr deutlich, dass ihn sein Beruf auslaugt, während Templeton noch voller Energie ist. Sie ist nach außen sehr strikt und hart, was sie als nötig empfindet, um in dieser Männerdomäne ernst genommen zu werden. Winter merkt mit der Zeit jedoch, dass sie auch eine sanftere Seite hat, sich nur nicht erlaubt, diese zu zeigen. Aber der Profiler ist da nicht viel besser... er spricht weder über seine Gefühle noch über seine Vergangenheit, den Part seines Lebens, der die Menschen am meisten interessiert. Denn er ist nicht nur einer der besten seines Metiers, nein, er ist zudem der Sohn eines Serienmörder, der im Laufe von zwölf Jahren fünfzehn Frauen in einem sadistischen Jagdritual getötet hat. Dieser Fakt ist sicherlich nicht ganz unschuldig daran, dass Winter diesen Lebensweg eingeschlagen hat. Er trennt seine Gedanken und Gefühle jedoch konsequent von seiner Arbeit; wenn er mit einem Fall betraut ist, dann zählt nur das Auffinden des Täters. Der Profiler verschwindet meist sogar, bevor die Tinte auf dem Haftbefehl richtig trocken ist. Für ihn ist die Arbeit mit Fassen des Täters erledigt und er verliert keine Zeit, sich dem nächsten Hilferuf anzunehmen. Dadurch führt er ein sehr einsames Leben, aber das hat er sich auch bewusst so ausgesucht.

Der Leser ist jedoch nicht nur bei den Ermittlungen dabei, zwischendurch gibt es immer wieder Kapitel aus Sicht von Rachel Morris, dem aktuellen Opfer. Man weiß also von Anfang an, wie der Täter vorgeht und was er den Frauen antut. Rachel ist eine unheimlich starke Frau, die trotz der Folter nicht zu brechen ist. Was den Täter, der sich als Adam vorstellt, natürlich sehr animiert, denn er lebt von den Leiden der Opfer. Durch diese Einblicke weiß man natürlich immer mehr als die Ermittler und möchte sie nicht selten anschreien, ein bisschen stärker nachzudenken oder offensichtliche Sachen zu begreifen ;) Letztendlich schaffen die drei es natürlich, Adam und seine Folterkammer ausfindig zu machen, aber dazu möchte ich eigentlich gar nichts sagen, um niemanden zu spoilern. Nur so viel: ich fand die Ansätze und Ideen des Teams allesamt nachvollziehbar und realistisch. Manchmal hatte Winter zwar so Geistesblitze, die mich überraschten bzw. wo ich nicht erklären konnte, woher sie kamen, aber deshalb ist eben _er_ einer der besten Profiler der Welt und nicht ich ;)

 

// Schlusswort //

Mit "Broken Dolls" hat James Carol einen spannenden Thriller geschaffen, der mich wirklich fesseln konnte. Jefferson Winter ist ein sehr eigenwilliger Protagonist, der mir jedoch auf Anhieb gefallen hat und auch die Nebencharaktere fand ich überzeugend. Fans der Tv-Serie "Criminal Minds" sollten sich die Reihe, die derzeit aus drei Romanen besteht, unbedingt genauer ansehen, ich kann es nur empfehlen! :)