Rezension

Ein Stück amerikanische Geschichte

Das verrückte Tagebuch des Henry Shackleford - James McBride

Das verrückte Tagebuch des Henry Shackleford
von James McBride

Bewertet mit 4 Sternen

Erzähler der Geschichte ist der Sklavenjunge Henry Shackleford aus Kansas in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts. Er wird aus der Kneipe seines Masters von dem bibeltreuen Abolitionisten John Brown entführt, was dieser als Befreiung auslegt. Brown hält den Jungen irrtümlich für ein Mädchen. Auf ihrer Flucht verschlingt der hungrige Henry das erste Essbare, das Brown ihm gibt – eine alte rohe Zwiebel, die Brown als Glücksbringer mitführt. Fortan nennt Brown Henry „Kleine Zwiebel“ und macht ihn zu seinem Glücksbringer. Obwohl ein Feigling, der ständig nach einer Möglichkeit sucht, in den Norden zu fliehen, zieht Henry, als Mädchen verkleidet, mehrere Jahre mit Brown und seiner Bande durch die Gegend, bis hin zu dessen Tod durch Erhängen nach dem erfolglosen Anzetteln eines Sklavenaufstandes. 

Für deutsche Leser, die nicht so kundig sind in amerikanischer Geschichte, insbesondere soweit die Sklaverei vor dem Sezessionskrieg betroffen ist, liest sich das Buch nicht eben einfach. Es ist zunächst recht mühselig, die verschiedenen, immer wieder erwähnten Gruppierungen der Rothemden, Yanks, Rebellen und Freistaatler auseinanderzuhalten und ihre Bedeutung zu erfassen. Sobald man sich aber in die Thematik hineinkniet, ist das Buch ein wirklich informativer Abriss über die Gegnerschaft von Sklavenhaltern und Abolitionisten. Der Protagonist John Brown ist ja nicht nur eine fiktive Romanfigur, sondern ein tatsächlich existent gewesener berühmter Kämpfer für die Sklavenbefreiung. Seine bekannten Überfälle in Osawatomie, Pottawatomie und Harpers Ferry werden in der Geschichte verarbeitet. Obwohl auch sehr dramatische und tragische Szenen beschrieben werden (z.B. die Ermordung von Browns Sohn Frederick oder das Erhängen mehrerer Sklaven nach einer gescheiterten Revolte), ist der Grundton der Erzählung eher humoresk, die Sprache volkstümlich. Henry macht sich über den bibeltreuen Brown geradezu lustig, von dem er meistens als „Alter Mann“ spricht. Etwas störend empfand ich die teilweise Langatmigkeit der Geschichte und ausschweifende Zitate aus der Bibel.

Alles in allem aber ein gelungener historischer Roman.