Rezension

Ein Thriller mit Stärken und Schwächen

Schattenkiller - Mirko Zilahy

Schattenkiller
von Mirko Zilahy

Bewertet mit 4 Sternen

Ein spannender Fall, tolle Settings aber leider unnahbare Charaktere und ein stellenweise nerviger Protagonist. Knappe vier Sterne.

Zum Inhalt:

In Rom werden mehrere Leichen entdeckt, die auf den ersten Blick nicht wirklich viel gemeinsam zu haben scheinen. Dennoch besteht der Polizeipräsident darauf, dass sich Commissario Enrico Mancini des Falls annimmt, der eigentlich gerade mit einem Vermisstenfall betraut ist und in einer schweren Lebenskrise steckt. Es entwickelt sich ein Wettlauf gegen die Zeit, der die Ermittler an ihre Grenzen führen wird…

 

Meine Meinung:

 

Autor Mirko Zilahy gilt als gefragter Übersetzer namhafter englischer Autoren. Mit „Schattenkiller“ legt er nun Debut als Schriftsteller vor. Nachdem ich das Buch zu Ende gelesen hatte, hat es mich zunächst mit gemischten Gefühlen zurückgelassen, denn „Schattenkiller“ ist ein Thriller mit Stärken und Schwächen.

 

Die Story an sich ist spannend, in sich rund und sehr ausgeklügelt. Der Leser tappt dabei ebenso wie die Ermittler die meiste Zeit absolut im Dunkeln, was die Hintergründe der Tat oder den Täter selbst anbelangt. Im Verlauf der Geschichte präsentiert der Autor zahlreiche Puzzlestücke, die sich erst am Ende lückenlos zusammenfügen und so ein schlüssiges und nachvollziehbares Bild ergeben.  Darüber hinaus wartet der Autor am Ende noch mit einer Überraschung auf, die ich nicht habe kommen sehen – sehr geschickt gemacht! Dazu ist das Finale surreal, extrem atmosphärisch und gleichzeitig auch sehr symbolträchtig. Alles in allem eine überzeugende Grundstory, auch wenn an der einen oder anderen Stelle der Zufall seine Hand mit im Spiel hatte.

 

Die zentrale Schwäche sind für mich allerdings die Charaktere. Zum einen überschwemmt der Autor seine Leser gerade zu Beginn mit einer Vielzahl von Charakteren, die man im rund ersten Viertel mitunter nur schwer auseinanderhalten und zuordnen kann. Dies hat mir beim Lesen einiges an Konzentration abverlangt und weniger Spaß gemacht. Nach ca. dem ersten Drittel hatte ich damit aber keine Probleme mehr.

 

Dafür hat sich ein Problem wie ein roter Faden durch dieses Buch gezogen: der Protagonist Commissario Enrico Mancini, mit dem ich bis ganz zum Schluss nicht „warm“ geworden bin. Durch einen Schicksalsschlag steckt Mancini in einer schweren Lebenskrise, ist tief depressiv und hat diverse merkwürdige Ticks entwickelt. Das an sich wäre ja nicht weiter tragisch, aber ebenso wie Mancini seine Kollegen und Mitmenschen auf Distanz hält, so erging es auch mir. Obgleich es dem Autor gelungen ist, eine durchaus überzeugende Charakterentwicklung Mancinis über den gesamten Verlauf der Story hinweg darzulegen, war mir Mancini doch an keiner Stelle irgendwie „nahe“ oder gar sympathisch. Eher im Gegenteil: Stellenweise war ich von seinen Verhaltensweisen einfach nur genervt. Letztendlich war der Fall eine Art Therapie für Mancini, durch die man ihn als Leser begleitet hat.

 

Auch die meisten anderen Charaktere sind für meinen Geschmack recht blass geblieben. Lediglich die Charaktere Walter Comello, Caterina De Marchi und Professor Carlo Biga sind mir im Verlauf der Geschichte sympathisch geworden. Ich hätte mich daher gefreut, wenn sich der Autor dieser Charaktere ein bisschen mehr angenommen hätte.

 

Als Stärke dieses Debuts habe ich die sehr interessanten Settings empfunden. Der gebürtige Römer Mirko Zilahy zeigt die „ewige Stadt“ mal von einer ganz anderen, dunklen Seite („Sicher, mein Rom ist anders, es ist eine unbekannte, wenngleich absolut reale Stadt“ - S. 425). Sonnenschein sucht man in „Schattenkiller“ vergeblich, denn passend zur Gemütslage der Hauptcharaktere versinkt Rom in kaltem Dauerregen. Auch die einzelnen Schauplätze befinden sich abseits der ausgetretenen Touristenpfade. Selbstverständlich führt die Handlung schlaglichtartig immer mal wieder an den bekannten historischen Gebäuden und Plätzen Roms vorbei (wie z.B. dem Kolosseum oder auch dem Forum Romanum) doch die eigentlichen Schauplätze dieses Thrillers liegen in den Industriebrachen dieser Metropole, die nicht weniger interessant und atmosphärisch sind als die antiken Stätten. Sei es nun das Stahlungetüm eines alten Gasometers, ein verlassener Schlachthof oder auch weitere Industrieruinen. Alle Schauplätze passen perfekt zur Story.

 

Der Schreibstil des Autors hat mir insgesamt gut gefallen. Auch wenn mich hier und da ein paar Wiederholungen, die es nicht gebraucht hätte, gestört haben, ist der Stil stellenweise sehr blumig, ja fast schon düster-poetisch. Hierzu möchte ich gerne die folgenden Sätze zitieren: „Hinter ihm, jenseits des Sees, erzitterten die hölzernen Gerippe der Kirschbäume im leisen Windhauch unter den Tränen des Himmels.“ (S. 47) oder auch „Er betrat die Duschkabine und ließ die flüssige Hitze in seinen Körper kriechen.“ (S. 329).

 

FAZIT:

Ein spannender Fall, tolle Settings aber leider unnahbare Charaktere und ein stellenweise nerviger Protagonist. Knappe vier Sterne.