Rezension

Ein tolles, facettenreiches Buch

Das nachtblaue Kleid - Karen Foxlee

Das nachtblaue Kleid
von Karen Foxlee

Bewertet mit 4.5 Sternen

Rose tingelt mit ihrem alkoholkranken Vater durch Australien seit ihre Mutter gestorben ist. Sie landen in Leonora, einem kleinen Ort in Queenslands tropischem Norden, umgeben von Zuckerrohrfeldern und Regenwald. In der Schule trifft Rose auf die quirlige, lebensfrohe Pearl, die ihre Unnahbarkeit sehr auf die Probe stellt. Die beiden ungleichen Mädchen freunden sich an und Rose wird eingeladen, beim großen Umzug des Erntefestes mitzumachen. Dafür benötigt sie ein Kleid, das sie gemeinsam mit der verschrobenen alten Edie Baker näht. Auch zwischen diesen beiden Frauen entsteht eine Freundschaft, in der Edie ihre Familiengeschichte erzählt. Bis zum Abend des Erntefestes, an dem ein Mädchen verschwindet.

Schon das zweite Jugendbuch aus Australien dieses Jahr und wiederum eine tolle Überraschung! In zwei parallelen Handlungssträngen wird die Geschichte von Rose erzählt und von einem Inspektor, der nach Leonora gekommen ist, um ein verschwundenes Mädchen zu finden, das höchstwahrscheinlich ermordet wurde.

So nähert man sich von zwei Seiten der Wahrheit an. Einen Teil hatte ich schon vermutet, der andere war dann doch eine Überraschung. Gefiel mir richtig gut!

Karen Foxlee schreibt in einer sehr poetischen Sprache und lässt die Atmosphäre des Provinzstädtchens und des Regenwalds greifbar werden. Auch die Charaktere wirken vielschichtig und authentisch. Ich mag die sperrige, unnahbare Rose, die so viel in ihrem Inneren verbirgt. Auch Edie ist ein großartig geschildert, sie hat etwas Magisches an sich, ist auf der anderen Seite auch nur ein Mensch mit bitteren Erinnerungen wie Rose.

Ich mochte auch die Schilderungen über das Nähen des Kleides, wie die Persönlichkeit beim Nähen einfließt, die Familiengeschichte von Edie parallel dazu. Kapitelüberschriften zu verschiedenen Sticharten runden das Ganze harmonisch ab.

Dass der Roman um 1986 herum spielt, hätte ich nicht vermutet, doch es gibt immer wieder Hinweise bis man schließlich Gewissheit erhält. Gerade ging der 30. Jahrestag von Tschernobyl durch die Medien, da taucht es auch im Buch auf.

Am Ende gibt es zwar viel Trauer und Schreckliches, aber auch einen Funken Hoffnung, auch wenn sich mir die Bedeutung des letzten Satzes nicht ganz erschließt.

„Das nachtblaue Kleid“ ist ein wunderbares Buch mit tollen Charakteren und poetischer Sprache, das auch für Erwachsene äußerst lesenswert ist. Eine positive Überraschung meines Lesejahrs bisher!