Rezension

ein viel zu kurzes Leben

Charlotte - David Foenkinos

Charlotte
von David Foenkinos

Bewertet mit 5 Sternen

David Foenkinos porträtiert in seinem Buch Charlotte die das viel zu kurze Leben der Malerin Charlotte Salomon.

Charlotte, geboren 1917 in Berlin, wächst in gutbürgerlichen Verhältnissen in einer assimilierten jüdischen Familie auf. Umschattet ist ihr junges Leben vom Tod, Die Mutter stirbt als Charlotte noch ein Kind war. Erst viel später erfährt Charlotte, dass es Selbstmord war. Nicht nur die Mutter, auch schon die Tante wählte vor Jahren den Freitod, sowie einige andere Mitglieder der Familie mütterlicherseits.

Der Vater, ein angesehener Arzt, nimmt die Sängerin Paula zu seiner zweiten Frau, die von Charlotte nahezu verehrt wird.

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten erhält Paula Auftrittsverbot, der Vater Berufsverbot. Die talentierte Charlotte schafft es trotz ihrer jüdischen Herkunft auf die Schule für angewandte Kunst. Als sie aber einen Preis, der ihr verliehen werden sollte, nicht annehmen darf, verlässt sie die Schule. Enttäuscht vernichtet sie ihre Zeichnungen. „Nie wieder Kunstakademie!“, ringt sie hervor.

Als die Großeltern nach Südfrankreich emigrieren, ergreifen die Eltern die Möglichkeit, Charlotte zu diesen zu schicken. Unglücklich verlässt Charlotte Deutschland, ihren Vater und Paula, ihren Liebhaber Alfred, einen Mann, den sie niemals vergessen kann.

In der L‘Ermitage, einem von einer Amerikanerin geleiteten Waisenhaus, findet Charlotte ein neues zuhause. Sie fasst großes Vertrauen zu Ottilie Moore, der Amerikanerin und zu dem Arzt Moridis.

Doch auch im Exil kann Charlotte nicht glücklich sein. Die Großmutter beginnt aufgrund der weltpolitischen Lage den Verstand zu verlieren, bis sie sich auch in den Tod stürzt. Zwischen dem Tod der Tante und  dem der Mutter liegen 13 Jahre, zwischen dem der Mutter und der Großmutter ebenfalls.

„Charlotte stellt eine Rechnung an…1953 wird sie sich umbringen. Wenn sie es denn so lange durchhält.“

Nachdem sie dem Internierungslager Camp de Gurs  entkommt , beginnt sie wieder zu malen, ihr Lebenswerk, Leben? Oder Theater?  Entsteht.

Nachdem sie einigermaßen sicher in dem von den Italienern besetzten Teil Frankreichs lebt, heiratet Charlotte den Österreicher Alexander, der ebenso ein Vertriebener ist, obwohl sie ich nicht liebt, wird schwanger. Als Deutschland nach der Kapitulation Italiens ganz Frankreich besetzt hält, wird das Ehepaar  verraten und deportiert.

 Charlotte Salomon stirbt Ende 1943 in Auschwitz.

Niemand weiß, was aus dieser herausragenden Künstlerin geworden wäre, wenn die Zeiten andere gewesen wären.
 „C‘est toute ma vie!“  - Das ist mein ganzes Leben, sagt Charlotte als sie dem Arzt Moridis ihr Lebenswerk übergibt. Charlottes Leben dauerte gerade einmal  26 Jahre.
David Foenkinos schafft mit seinem Roman ein überaus beindruckendes und bedrückendes Bild dieser jungen Frau. In kurzen, aber dafür umso eindringlicheren Abschnitten umreißt er die Stationen in Charlotte Salomons Leben. Fast poetisch liest sich das Buch zeitweise.

Stellenweise gibt Foenkinos aber auch Einblick, wie er sich an das Schreiben dieses Buches gemacht hat, schildert Begegnungen mit Menschen, die ihm Auskunft über Charlotte geben oder hätten geben können, beschreibt die Orte auf Charlottes Lebensweg, wie sie heute sind, und schildert mit Augenzwinkern, welches Verhältnis er zu Jonathan Safron Foer hat.

„Es ging einfach nicht weiter.
Das war körperlich beklemmend.
Ich verspürte das Verlangen eine neue Zeile zu beginnen.
Um Durchatmen zu können,

Irgendwann begriff ich, dass ich dieses Buch genau so schreiben musste.“

Diese Gefühle sind auch für den Lesenden spürbar, trotz der kleinen Passagen ist das Buch invasiv und hinterlässt große Nachdenklichkeit.