Rezension

Ein warmherziges Buch mit ernstem Hintergrund

Der Soundtrack meines Lebens - Jessi Kirby

Der Soundtrack meines Lebens
von Jessi Kirby

Ein Brief und eine Mission sind alles, was Honor von Finn nach dessen Tod in Afghanistan bleiben …

Honors Bruder Finn war Soldat und befand sich im Kampf in Afghanistan. Er war dort stationiert. Heute ist er tot. Während seiner Abwesenheit wünschte sich Honor nichts sehnlicher als einen persönlichen Brief statt der oberflächlichen Mails von der Front. Nun, kurz nach ihrem Schulabschluss und dem Tod ihres Bruders, liegt tatsächlich ein Brief auf dem Küchentisch. Er bedeutet ihr alles und zugleich nichts. Er ist das, was Honor sich all die Zeit so sehnlich wünschte – und gleichzeitig eine Erinnerung daran, dass Finn nie wieder nach Hause kommen und seine kleine Schwester in die Arme schließen wird. Obwohl Honor sich lange dagegen sträubt, öffnet sie ihn schließlich. Die wenigen Seiten können Finn weder ersetzen noch über seinen Tod hinwegtrösten und doch saugt Honor jedes einzelne Wort auf wie ein Schwamm.

Und noch etwas findet sich in dem Umschlag: Karten für das Abschiedskonzert der Sängerin Kyra Kelley, die Honor und Finn ein Leben lang mit ihrer Musik begleitete. Obwohl ihr Bruder in seinen Augen irgendwann zu cool für diese Art von Musik wurde, wusste er, was dieses Konzert für Honor bedeutet. Ohne zu ahnen, dass ihm das Schicksal übel mitspielen wird, bittet er seine Schwester, der hübschen Sängerin die Abwesenheit ihres Bruders zu erklären. Was einst als Scherz von Finn gedacht war, wird für Honor zu einer letzten Mission für ihren Bruder – auf der ausgerechnet sein bester Freund Rusty sie begleitet. Obwohl sie sich zunächst gegen seine Begleitung sträubt, wird er bald ein bedeutender Teil ihres Roadtrips …

Draußen wartet die große weite Welt, und die sehe ich jetzt – im Guten wie im Schlechten. Und so wird es auch dir gehen. Erleb ein paar Abenteuer da draußen. Tauch die Füße in den Ozean. Schau zu, wie die Sterne am Morgenhimmel verblassen. Und wenn ich dann zurückkomme, vergleichen wir unsere Erlebnisse. (Finn an Honor)

– Seite 18 –

Ein lebensbejahrender Roman, der trotz der brisanten Thematik weitestgehend auf politische Statements verzichtet.

Ein junger Mensch stirbt in einem Krieg, der wahrscheinlich nicht sein Krieg ist. Das ist eine Vorstellung, die leider viel zu oft der Realität entspricht. Der Gedanke, dass es auf der Welt Tausende hinterbliebene Mädchen wie Honor gibt, lässt mich noch immer nicht los. Obwohl Jessi Kirby diesen gefühlvollen Roman mit einer Prise Patriotismus würzt, liest er sich dennoch recht unpolitisch. Zwar wird der Krieg selbst nicht in Frage gestellt, immerhin aber die Bereitschaft des jungen Footballspielers Finn, im fernen Afghanistan zu kämpfen. Die Antwort auf das Warum enthält Jessi Kirby ihren Lesern natürlich auch nicht vor. Sie ist zugleich verstörend und äußerst berührend – aber vielleicht macht ihr euch an dieser Stelle einfach euer eigenes Bild.

Trotzdem dreht sich die Handlung natürlich vielmehr um dem Roadtrip zum bevorstehenden Abschiedskonzert der Sängerin Kyra Kelley. Dafür müssen Honor und Rusty zusammen mehrere hundert Kilometer zurücklegen. Bei zwei Teenagern, die sich derart vertraut sind wie Finns Schwester und sein bester Freund, fliegen entweder die Fetzen oder sprühen die Funken. Oder auch beides gleichzeitig. Mir gefiel die Beziehung der beiden sehr gut, da sie authentisch und glaubwürdig beschrieben wurde – nicht übertrieben, aber auch nicht ohne Herzklopfen, also genau richtig.

Ich muss gestehen, dass ich den Titel Der Soundtrack meines Lebens etwas unglücklich gewählt finde, denn Musik steht bei diesem Roman nicht wirklich im Fokus. Trotzdem kann ich an dieser Stelle die Änderung vollkommen nachvollziehen. Da der Roman sich vor allen an jüngere Mädchen ab 13 Jahren richtet, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Bedeutung des Originaltitels einfach verloren geht. Und ehrlich, unglücklicher Titel hin oder her, dies ist ein schöner Roman für alle, die gleichzeitig weinen, hoffen, schluchzen und lachen wollen.