Rezension

Ein wenig seicht und der Inhalt zum Teil an den Haaren herbeigezogen

Sweetgirl
von Travis Mulhauser

Bewertet mit 3 Sternen

In Cutler, einem kleinen Städtchen im Norden Michigans lebt die 16jährige Percy unter recht tristen Verhältnissen: der ihr unbekannte Vater hat sich bei ihrer Geburt aus dem Staub gemacht, ihre um fünf Jahre ältere Schwester ist mit deren kleinen Familie nach Portland gezogen und ihre Mutter Carletta ist schwer drogenabhängig. Um sich und ihre beschäftigungslose Mutter finanziell über Wasser zu halten, hat Percy die Schule abgebrochen und arbeitet nun Vollzeit bei einem Möbelrestaurator. Percy lebt in ständiger Sorge um Carletta, da diese auf der Suche nach Drogen immer wieder für etliche Tage verschwindet, und Percy es sich zur Lebensaufgabe gemacht hat, sie wieder aufzuspüren und sich um sie zu kümmern. Als Percy bei einer dieser Suchaktionen im Haus des selbst drogenabhängigen Dealers Shelton landet, findet sie statt Carletta ein verwahrlostes, halberfrorenes Baby vor, das neben seiner von Drogen vollgepumpten Mutter und dem ebenfalls zugedröhnten Shelton vor sich hinvegetiert. Percy fasst den Entschluss, den Säugling zu retten, indem sie das Kind kurzerhand aus dem Haus entführt und Großteils zu Fuß durch einen eisigen Schneesturm in ein Krankenhaus bringen will. Eine abenteuerliche Flucht beginnt, auf der sie Schützenhilfe von Portis, ihrem ehemaligen Ziehvater erhält. Soweit zum Inhalt der Geschichte.

Die Handlung wird aus zwei Perspektiven erzählt, zum einen aus der dritten Person aus der Sicht des Junkies Shelton, zum anderen aus der Ich-Perspektive der taffen, jungen Percy. Das Ganze ist in einer sehr einfachen Sprache verfasst und rasch und zügig zu lesen, das man es durchaus schafft, in einem Tag zu lesen.

Die Leseprobe dieses Buches las sich sehr spannend, auch der Klappentext, bei dem von „irrwitzigsten Roman der Saison“ die Rede war, klang vielversprechend. Leider wurde ich aber schon nach kurzem eines Besseren belehrt: Zwar hatte der Inhalt, mit einem hilflosen Baby durch einen Blizzard flüchten zu müssen, durchaus einen vielversprechenden Ansatz, leider wurde jedoch sehr wenig daraus gemacht. Die Handlungsstränge waren teilweise etwas wirr, zumal hatte man den Eindruck, dass sich der Autor teilweise in Sackgassen verstrickte, aus denen er sich nur durch das Eintreten einer glücklichen Fügung des Schicksals herausmanövrieren konnte. Die Handlungsstränge erscheinen zum Teil an den Haaren herbeigezogen, wohl um die Spannung zu erhöhen, was das Ganze jedoch leider ein wenig flach erscheinen lässt. Dass man mit einem so kleinen Baby, wie beschrieben stundenlang durch den Schnee irren kann, ohne es dabei füttern und wickeln zu müssen, scheint den Autor nicht zu stören, dass ein Baby, dessen Körper mit eitrigen Wunden übersäht ist, normalerweise permanent vor Schmerzen schreien müsste, ebenfalls nicht. So wird ein offenbar äußerst pflegeleichter Säugling in dünnem Schlafanzug durch den ärgsten Sturm getragen, ohne dass er dabei jeglichen Schaden nimmt. Dass auch der minimal vorhandene Milchpulvervorrat ausreicht mit dem man mit heißem Wasser, das man aus ganz normalen Wasserflaschen zaubert, köstlich warme Babymilch zubereitet, ist ebenfalls eines dieser interessanten Phänomene dieses Buches. Aber wahrscheinlich ist es das, was man im Klappentext als „irrwitzig“ bezeichnet.

Alles in allem, wie gesagt, ein durchaus spannender Ansatz für den Inhalt eines Erstlingswerks, ob ich es jedoch jemandem empfehlen würde, wage ich allerdings zu bezweifeln.