Rezension

Ein Wettlauf mit der Zeit ...

Am Ende aller Zeiten - Adrian J. Walker

Am Ende aller Zeiten
von Adrian J. Walker

Bewertet mit 4 Sternen

Edgar Hill wird von dem Gebrüll seines kleinen Sohnes Arthur wach und quält sich aus dem Bett, da er früh morgens dran ist. Gemütlich macht er ihm ein Fläschchen und geht kurz mit Arthur spazieren. Schnell fällt ihm auf, das etwas anders ist, die Straßen sind ruhiger, manche Menschen denen er begegnet benehmen sich komisch und irgendwas liegt in der Luft. Ganz grau in seinem Gehirn martert etwas, hat er nicht gestern was im Fernsehen gehört oder gesehen, was wichtig war? Zu Hause geht er dem Ganzen auf den Grund und gerät in Panik. Eine Katastrophe kommt auf die Erde zu und er hat nur wenig Zeit, um seine Familie in Sicherheit zu bringen, wie gut das sie einen Keller haben. Die Familie überlebt gerade so und wird in einem Lager untergebracht. Edgar schließt sich, zum Leidwesen seiner Frau, den Lebensmittelsuchtrupps an und kommt so zu spät als die Hubschrauber landen und seine Familie evakuieren. Sie werden 500 Meilen nach Cornwall gebracht, um dort dann aufs Festland überzusiedeln. Ed hat nur wenig Zeit, um zu seiner Frau und Kindern zu gelangen, wird er den Weg auf sich nehmen? Kann er die körperliche Herausforderung packen? Welche Menschen, welches verwüstete Land wird ihm begegnen? Und kann er es rechtzeitig schaffen?

Eigentlich bin ich ja nicht so der Fantasy Leser, was ich mich immer noch frage, warum eigentlich. Ich liebe fliegende Laserschwerter und galaktische Raumschiffe, mag auch Feen und Zauberer, warum stelle ich mich dann in der Literatur für die etwas Größeren so an. Als mir damals das Buch von Adrian Walker vorgestellt wurde, dachte ich, Wahnsinn, das klingt spannend und ich bin doch eine Beherrscherin des Kopfkinos, das probierst du aus und außerdem ist es mal von einem Mann geschrieben, da wollen wir doch schauen, was der so kann.

Unser Icherzähler heißt Edgar Hill und ist ein absoluter Antiheld. Seines Lebens völlig überdrüssig, verheiratet und zwei Kinder, wo er sich immer fragt, warum habe ich mir das ans Bein gebunden. Ein typischer, ich habe nicht wirklich Lust auf Verantwortung und gehe lieber mit meinem Freunden was trinken. Der Alkohol lässt ihn den Alltag überstehen und alle Verpflichtungen vergessen. Sprich, Edgar lässt sich gehen, in allen Dingen und ist genervt, wenn ein Kind schreit. Nun gut, so ganz unsympathisch kommt er gar nicht rüber, denn er liebt seine Familie schon, ist aber nicht der geborene Ehemann und Vater, aber die kleinen Dinge sind ihm trotzdem wichtig. Da passiert eine Katastrophe, Ed muss, reagieren, er muss sozusagen seinen Mann stehen und fühlt sich doch wie ein Versager. Als er dann im Lager eine Chance hat, der Beengtheit zu entkommen nutzt er diese sofort, ohne auf die Wünsche seiner Frau einzugehen, Hauptsache weg und dann sind sie weg. Seine Familie ist evakuiert, Ed gerät ins Grübeln, ist das gut, so wollte er es doch immer, oder fehlt ihm jetzt doch ein Stück. Edgar muss eine harte Entwicklung durchleben, er muss sich neu definieren und dem Ziehen seines Herzen, der immer größer werdenden Sehnsucht, nach seinen Lieben nachgehen.

Adrian J. Walker hat sich für ein Endzeit-Szenario entschieden und lässt unsere Welt durch einen Asteroiden neu formen. Alles wird zerstört, Menschen kommen um und die Sonne geht unter. Es ist eine düstere Zeit und ein Kampf ums Überleben und mittendrin ein Mann, der zu seiner Familie möchte. Seine Hauptfigur ist aber nicht allein, er wird von einer Soldatin, einen pensionierten Briefträger, einem weiteren Familienvater und einem schottischen Hünen begleitet. Dieses Team muss sich nicht nur zusammenraufen, nein, es muss sich auch immer wieder neuen Gefahren auf ihren Weg stellen. So kämpfen sie nicht nur mit ihrer körperlichen Konstitution oder der Suche nach Lebensmittel, sondern auch mit Menschen die ihren Weg kreuzen, und die ihre Menschlichkeit verloren haben. So herrschen oft Gewalt und Machtmissbrauch vor, das Misstrauen untereinander wächst und die Anderen lassen alle Hemmungen fallen, um zu überleben.

Der Autor erzählt düster, unverblümt und oft mit zu vielen Worten seine Odyssee von Schottland nach Cornwall. Mir persönlich hat die Idee und auch seine Figuren richtig gut gefallen, er spielt hier mit vielen unterschiedlichen Gefühlen und lässt so eine Entwicklung mitlaufen. Es ist ein beschwerlicher Weg und auch für mich als Leser nicht immer einfach, die Dynamik war gut, aber oft waren die Begegnungen ein bisschen zu lang, oder zu viel, dabei schweift er gern noch ein bisschen ab und so zog sich die Geschichte in die Länge. Für mich hätte es ein bisschen kürzer sein dürfen, das hätte dem Spannungsbogen ein bisschen besser getan. Aber sein absoluter Clou ist Edgar, der vom Couch-Potato über sich hinauswachsen muss, um endlich sich und seine Familie zu finden.

Für alle, die gern jemanden anfeuern, mitleiden und die Liebe und Hoffnung erleben wollen, in einer düsteren Zeit, ist das genau die richtige Lektüre.