Rezension

Ein wichtiger und zutiefst berührender Jugendroman

All die verdammt perfekten Tage
von Jennifer Niven

Mittlerweile ist es ca. eine Woche her, dass ich dieses Buch beendet habe. Normalerweise schreibe ich Rezensionen direkt nach der Beendung eines Buches, damit der Inhalt und meine Gefühle, die ich beim Lesen hatte, noch frisch sind. "All die verdammt perfekten Tage" musste ich jedoch erst einmal sacken lassen. Und selbst jetzt fällt es mir schwer Worte für dieses unbeschreibliche Buch Worte zu finden.

Auch wenn mir Cover und Titel sehr gut gefallen, passen sie für mich nicht so gut zum Inhalt des Buches, wie es hätte sein können. Das englische Cover zeigt Notizen und Bilder auf Post-it's die in der Geschichte eine wichtige Rolle spielen.

Der Klappentext hingegen ist in meinen Augen gut gewählt und gibt einen passenden Eindruck zu dieser bittersüßen Geschichte.

Der Leser wird gleich zu Beginn des Buches mitten ins Geschehen geworfen. Theodore Finch steht auf dem Glockenturm auf dem Schulgelände und fragt sich zum wiederholten Mal, ob heute ein guter Tag zum Sterben sei. Doch dann sieht er Violet. Violet, die erst kürzlich einen geliebten Menschen verlor und nicht weiß, wie sie ohne diesen Menschen weiter leben soll. Mehr möchte ich über die Handlung gar nicht verraten. So viel sei gesagt: Das Buch besteht ausschließlich aus schönen, traurigen, witzigen, beeindruckenden, überraschenden und bewegenden Momenten. Es gab keine einzige Zeile, bei der ich nichts fühlte. Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen.

Der Schreibstil von Jennifer Niven hat, wie ich finde einen hohen Wiedererkennungswert, den ich jedoch nicht benennen kann. Die Dialoge, die Gedanken der Charaktere...all das ist so wortgewaltig, bilhaft und authetisch beschrieben, dass diese Geschichte wohl kaum einen Leser kalt lassen wird. Ich sah den Glockenturm, Finchs Zimmer, die Charaktere und die Orte die Finch und Violet besuchten vor Augen und war mit meinen Gefühlen und meinen Gedanken mitten im Buch.

Die Charaktere Violet und Finch eroberten mein Herz im Sturm und bekommen dort einen Ehrenplatz neben meinen liebsten Buchcharakteren, die ich je kennenlernen durfte. Das Buch wird abwechselnd aus Finchs und Violets Perspektive beschrieben, sodass der Leser genaue Einblicke in deren Gefühle und Gedanken bekommt. In beide Charaktere konnte ich mich so gut hinein versetzen, dass es mir beinahe Angst machte. Ich spürte Violets Trauer, zugleich aber auch Hoffnung und Angst vor der Zukunft. Ich spürte ihre Liebe zu ihren Eltern und auch die Liebe zu Finch, die sich zunächst langsamer, dann aber immer tiefer und schneller entwickelt. Doch noch besser konnte ich mich in Finch hinein versetzen. Ich spürte seine Liebe zu Violet und die Angst, vor diesem alles verschlingenden Loch, dass sich Depression nennt. Ich spürte seine Hoffnung und zugleich seine Hoffnungslosigkeit. Ich fühlte seinen Willen, den Kampf gegen diese Krankheit, die ein Großteil der Menschen leider immer noch nicht als Krankheit ansieht, zu gewinnen.

Ein paar Sätze möchte ich auch noch zu der Thematik loswerden. Finch hat eine bipolare Störung, auch manische Depression genannt. Ich finde es unglaublich, dass das Wissen und die Toleranz Erkrankten gegenüber noch so unterentwickelt ist. Dieses Buch finde ich daher unglaublich wichtig, da es dem Leser sehr authentisch zeigt, was es bedeutet unter dieser tückischen Krankheit zu leiden. Dass daran weder das Umfeld, noch der Betroffene "Schuld" sind und dass man als nicht Betroffener leicht von einer "Wahl" reden kann, dies aber eben nicht immer zutrifft. Als Leser von "All die verdammt perfekten Tage" erhält man Eindruck in die Welt eines Menschen mit einer bipolaren Störung sowie den Eindruck einer Person, die hilflos versucht alles dafür zu tun, dass es dem Erkrankten besser geht. Wenn ihr dieses Buch lesen solltet: Lest auch das Nachwort der Autorin. Darin erklärt sie, was sie zu diesem Buch bewogen hat.

Fazit: Ein Buch, dass mich so berührt hat, wie es selten ein Buch geschafft hat. Die Bücher, bei welchen Tränen geflossen sind, kann ich an einer Hand abzählen. Bei "All die verdammt perfekten Tage" sind nicht nur Tränen geflossen...ich habe Rotz und Wasser geheult. Und all dies hatte nichts mit dem Ende zu tun, sondern damit, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben nachfühlen konnte was es bedeutet unter eine bipolaren Störung zu leiden oder einen Menschen zu lieben, der an ebendieser erkrankt ist. Ein unglaublich wichtiges Buch, dass zu keiner Zeit "überdramatisiert" und gerade deshalb so authentisch und bewegend ist.