Rezension

Ein wunderbares Buch voller kluger Gedanken, verpackt in eine schöne Sprache

Porträt einer Ehe - Robin Black

Porträt einer Ehe
von Robin Black

Bewertet mit 5 Sternen

Vieles, was man selbst diffus verspürt, fasst Robin Black in unverbrauchte, nicht abgegriffene Sätze und Wortbilder.

Der Titel klang für mich nicht besonders verlockend, aber wegen guter Beurteilungen habe ich es doch angefangen zu lesen. Es ist eines der Bücher, die man mehrfach lesen kann oder muss, eines der Bücher, wo man viele Textstellen unterstreichen könnte, eines der Bücher, wo man oft unterbrechen sollte, um über Sätze nachzudenken.

"… als sie dann antwortete, hatte ich das Gefühl, ihre Worte schwebten durch die Luft, ohne ganz den Weg in mein Bewusstsein zu finden."

Der Roman fängt mit dem Ende an: Gus (Augusta) steht am Fenster und denkt an ihren Mann, der vor kurzem verstorben ist. Wie das passierte, erfährt der Leser allerdings erst am Ende. Das störte mich genau so wenig wie die Zeitsprünge.

Gus und Owen, beide Künstler, er Schriftsteller mit Schreibblockade, sie Malerin, beide ungesellig, ziehen sich nach einer kleinen Erbschaft in ein Häuschen aufs Land zurück, nicht nur wegen der Ruhe, sondern auch wegen der noch nicht ganz verarbeiteten Affäre, die Gus ihrem Ehemann gestanden und die sein Vertrauen schwer erschüttert hat.

"In einer Ehe laufen oft zwei Gespräche nebeneinander ab. Das, das man gerade führt, und das, das man gerade nicht führt."

Es geht aber nicht nur um Liebe und Vertrauen, sondern auch um Freundschaft und Vertrauen und die vielen anderen Themen, die das Leben der meisten Menschen ausmachen: das Verhältnis zu ihrer Schwester, der Umgang mit Verlusten (Tod der zweiten Schwester Charlotte), Arbeit und Kreativität, der demente Vater ("sein sich auflösendes irrlichterndes Ich").

Das alles kommt in lebensklugen, tiefschürfenden Gedanken daher, gepaart mit feinen Beobachtungen und Einschätzungen, ein Buch, das man gleich noch einmal lesen möchte.