Rezension

Ein wundervoller Schreibstil - Zu viele Perspektiven

Das Licht der letzten Tage - Emily St. John Mandel

Das Licht der letzten Tage
von Emily St. John Mandel

Das Cover ist schlichtweg ein Traum. Es war Liebe auf den ersten Blick und passt meines Erachtens, ebenso wie der Titel, perfekt zum Inhalt des Buches. Auch wenn der Klappentext ebenfalls gut passt, könnte er dennoch ein falsches Bild von dem Buch vermitteln. "Das Licht der letzten Tage" ist keineswegs eine Dystopie im klassischen Sinne und beinhaltet weder eine rasante noch eine actionreiche Handlung. Vielmehr lebt dieses Buch von den ruhigen Tönen der Autorin.

Der Schreibstil von Emily St. John Mandel ist ein wahrer Genuss. Eindringlich, poetisch, malerisch und teilweise anspruchsvoll erzählt die Autorin die Geschichte einer Welt, in welcher 99% der Menschheit an der georgischen Grippe starb. Vor allem aber trägt sie den Leser an verschiedene Orte, zwingt ihn, aus verschiedenen Perspektiven zu sehen und hüllt ihn in eine dichte Atmosphäre, sodass der Leser sich fühlt, als lebe er selbst in der Welt, welche die Autorin in "Das Licht der letzten Tage" zeichnete.

Die Charaktere sind allesamt authentisch. Manche sind sympathisch, andere weniger, doch insgesamt hat Emily St. John Mandel auch hier einen sehr guten Job gemacht.

Das Buch umfasst 55 recht kurze Kapitel und ist in neun Teile unterteilt. Hierbei wird die Geschichte aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Und hier kommen wir auch schon zum Knackpunkt, weshalb ich dem Buch keine vollen fünf Sterne gebe. Ich kann die Anzahl der verschiedenen Perspektiven leider nicht benennen und so gerne ich Perspektivenwechsel auch mag: Hier waren es für mich ein paar zu viel davon.

Einen klaren Protagonisten gibt es nicht, auch wenn sich in dem Buch alles um den Schauspieler Arthur Leander dreht. Den Handlungsstrang um Miranda mochte ich, auch wenn er in der Zeit vor der georgischen Grippe spielte, am liebsten. Mit dem Handlungsstrang von Kirsten, einer jungen Frau aus der Zeit nach der georgischen Grippe, die völlig fasziniert von Arthur Leander und die Comics "Das Licht der letzten Tage" von Miranda ist, mochte ich hingegen leider weniger. Sie zieht mit einer Symphonie, in der die Charaktere lediglich die Namen ihrer Instrumente tragen (Tuba, Geige, etc.), durch das Land. Zwar konnten mir diese Kapitel ein gutes Bild von der Welt nach der Grippe vermitteln, doch der Funke sprang bei mir einfach nicht über. Oftmals geriet ich sogar in Versuchung Passagen oder sogar ganze Seiten zu überspringen, weil mich einfach nicht interessierte, wie es mit der Synphonie weiter ging.

Fazit: Wie bewertet man ein Buch, dass man stellenweise für seine Poesie, seine Charaktere und die Atmosphäre liebte und sich dann wieder seitenlang langweilte? Ich weiß es nicht. Ich gebe dem Buch 3,5 Sterne, weil sich diese am ehesten "richtig" anfühlen. Dennoch möchte ich dieses Buch jedem empfehlen, der einen guten Schreibstil und eine tolle Atmosphäre zu schätzen weiß.