Rezension

Ein wundervolles Buch

Mein bester letzter Sommer
von Anne Freytag

Besonderheiten:

Im Buchdeckel befindet sich ganz vorne eine handgezeichnete Route. Die Zeichnungen verraten die Stationen des Reise-Projektes, die Tessa und Oskar besuchen werden.

Im hinteren Buchdeckel befindet sich eine Playlist, die Musik mit der Geschichte verbindet.

Inhalt:

Tessa wird nie achtzehn werden. Sie wird nie einen Führerschein besitzen und sie wird vermutlich als Jungfrau sterben. Denn Tessa hat einen Herzfehler. Die wichtigen Daten auf dem Computer sind bereits gelöscht, die Urne bestellt, als Tessa im Zug auf einen Jungen trifft. Für das Mädchen ist es Liebe auf den ersten Blick. Und auch Oscar spürt die Anziehung gegen die beide nicht anzukämpfen vermögen. Der Blick, den beide austauschen ist nicht oberflächlich. Er dringt direkt in Tessas Innerstes vor. Das hätte er sein können, der Junge, mit dem sie gerne den Rest ihres Lebens verbracht hätte. Doch was ist schon noch der Rest ihres Lebens?

Tage später muss Tessa an einem Familienessen teilnehmen, zu dem ein alter Studienkollege ihres Vaters eingeladen wurde. Als plötzlich Oskar das Zimmer betritt fühlt sie sich wie vom Blitz getroffen. Das kann nicht sein. Es ist der Junge aus der Straßenbahn!

Doch Tessa weiß, dass eine Beziehung in ihrer Situation nur zu verletzten Herzen führen wird. Sie versucht sich von Oskar zu distanzieren und kann es doch nicht so ganz, wie geplant. Denn Oskar ist so anders, er macht die harte Welt ganz weich. Und Oskar lässt sich auch nicht so einfach loswerden wie geplant.

Charaktere:

Oskar nimmt Tessa wie sie ist. Er möchte dem Mädchen ein paar wundervolle Momente schenken. Seine Worte sind einfühlsam, seine Aura wirkt anziehend. Er ist charmant und feinfühlig zugleich.

Tessa hat einen Herzfehler. Sie wird sterben, bevor sie achtzehn Jahre alt ist. Mit dem Leben hat sie bereits abgeschlossen. Sie ist traurig und verbittert, weil sie so wenig schöne Momente erleben durfte, nie auf einer ausschweifenden Party war, nie einen Freund hatte.

Larissa, Tessas Schwester, sagt was sie denkt. Ihre Worte sind oft ungerecht und verletzend. Sie hat einen Freund, sie hat ein Leben vor sich, ganz im Gegensatz zu Tessa. Doch muss sie auch hinter ihrer Schwester immer ein wenig zurückstecken, weil Tessa ja bald sterben wird und weil alle ihr die kurze Zeit noch so schön wie möglich machen wollen. Larissa bietet als Einzige einen Kontrast zu Tessas Umfeld. Sie lässt ihrem Neid stets freie Bahn.

Schreibstil:

Anne Freytag hat einen ganz besonderen Schreibstil. Ihre Worte klingen wie ein Gedicht. Oskar verleiht jedem Moment, den Tessa erlebt, eine ganz besondere Bedeutung. Mit ihm ist die Welt nicht mehr so hart, sondern ganz weich.

Anne Freytag gelingt es, einen einzelnen Moment so sehr in den Fokus zu rücken, dass man direkt darin abtaucht und alles andere herum ausblendet.

Oskar lächelt. Er schafft es, hinter Tessas Fassade zu schauen, ihre Seele herausholen und diese zum Leuchten zu bringen.

Stets ist er besorgt Tessa nicht zu verletzen. Seine Worte prallen nicht an Tessa ab, sie erreichen ihr Herz. Als Leser merkt man, wie sehr Tessa unter ihrem Umfeld und der Situation zu leiden hat. Zugleich aber auch, wie viel Mühe sich Tessas Eltern geben, die letzten Tage ihrer Tochter zu versüßen. Mit Oskar lernt man jemanden kennen, der in der Lage ist jeden Moment zu einem kleinen Zauber zu machen. Diesen einen ganz besonderen Menschen, den man, wenn überhaupt, nur einmal im Leben trifft.

Das Buch spaltet sich in zwei Teile. Im ersten Teil lernen sich Oskar und Tessa kennen, erst ab etwa der Mitte des Buches startet dann Tessas und Oskars große Reise. Die Vermutung, dass der Roadtrip zu wenig Platz im Buch bekommt, um sich vollständig zu entfalten, bleibt unbegründet. Die Geschichte entfaltet auch hier ihre volle Wirkung.

Fazit:

Mit einem unglaublich intensiven und schönen Schreibstil schafft es Anne Freytag ihr Werk als eine sinnstiftende, bedeutungsinvestierende Erzählung anzulegen. Die Autorin schreibt fast poetisch, ihr gelingt es, den Fokus auf besondere Momente zu legen und alles andere drumherum auszublenden.

Selten habe ich so ein Buch gelesen, das einen quasi hautnah erleben lässt, was es bedeutet, diesen einen Menschen kennenzulernen, der die Welt zum Verstummen bringt.

Herzerwärmende Dialoge mischen sich mit zauberhaften Momenten. Dieses Buch trifft mit jedem Wort, mit jeder Zeile mitten ins Herz.

Mein bester letzter Sommer ist ein Buch, was man einfach gelesen haben muss.