Rezension

Ein zauberhaft schönes Kinderbuch

Wind und der geheime Sommer - Antonia Michaelis

Wind und der geheime Sommer
von Antonia Michaelis

Bewertet mit 5 Sternen

Die Bücher von Antonia Michaelis lese ich immer unheimlich gerne, ganz besonders ihre Kinderbücher. Als ich ihren neuen Kinderroman das erste Mal in der Vorschau entdeckte, bekam ich bei dem wundervollen Cover sofort ganz große Augen. „Wind und der geheime Sommer“ schien mir ein Buch ganz genau nach meinem Geschmack zu sein, daher wanderte es auch sogleich auf meine Wunschliste.

 

Eigentlich soll der 10-jährige John-Marlon die Dienstage immer mit seinem Papa verbringen, denn die Dienstage sind die Vatertage. Doch sein Vater hat selten Zeit für seinen Sohn, was diesen sehr traurig macht. Dann aber findet er einen Ort, an welchem er seinen Kummer für eine Weile vergessen kann. Durch eine lose Latte eines Bauzauns gelangt der Junge eines Tages auf ein verlassenes, verwahrlostes Grundstück. Es handelt sich hier jedoch nicht um ein ganz gewöhnliches Grundstück, nein. Wenn man durch die Lücke im Zaun schlüpft, gelangt man in einen verwunschenen Dschungel, in welchem man die tollsten Abenteuer erleben kann. Diese werden allerdings erst durch Wind möglich. Wind ist ein 12-jähriges Mädchen und die Anführerin einer Gruppe von Kindern. John-Marlon schließt sich diesen nur zu gerne an und zusammen erleben die Kinder eine wundervolle Zeit, in welcher ein Abenteuer dem nächsten folgt. Allerdings ist diese gemeinsame Zeit begrenzt. Nur bis 18 Uhr dürfen John-Marlon und die anderen Kinder bleiben. Warum das so ist, sagt ihnen Wind nicht. Ein Geheimnis umgibt das wilde, aufgeweckte Mädchen. Eines, das nur sie kennt: Nach dem Sommer wird sich alles verändern, denn Wind wird dann nicht mehr da sein.

 

Was mir sofort aufgefallen ist, als ich mit dem Lesen begonnen habe, ist dieser wunderschöne und wirklich ganz besondere Schreibstil der Autorin. Dieser ist mir aus ihren anderen Büchern nur zu gut in Erinnerung geblieben. Er ist wunderbar bildhaft und hat etwas Märchenhaftes und Poetisches. Dank diesem wird hier eine großartige Atmosphäre erschaffen, welche den Leser sofort in ihren Bann zieht und einen alles um sich herum vergessen lässt.

 

Mir ist der Einstieg in das Buch wirklich prima gelungen. Unseren Protagonisten John-Marlon habe ich sofort in mein Herz geschlossen. Dieser hat es gerade wirklich nicht leicht in seinem Leben. Seit seine Eltern getrennt sind, ist seine Mutter nur noch überarbeitet und sein Vater hat selten Zeit für ihn. Eigentlich gibt es die sogenannten Vater-Dienstage, aber eben nur eigentlich. Immer wieder sagt John-Marlons Vater seinem Sohn ab, nicht mal für einen Nachmittag in der Woche kann er sich Zeit für ihn nehmen. Verständlich, dass John-Marlon sehr unglücklich darüber ist. Auch fühlt er sich von ihm etwas unter Druck gesetzt, denn sein Vater hätte es gerne, dass John-Marlon ein Fußballer und gut im Sport ist. Was dieser aber eigentlich gar nicht möchte. Dennoch verbringt John-Marlon gerne Zeit mit seinem Papa, auch wenn er das gemeinsame Kicken oder Joggen nicht so wirklich genießen kann.

 

An einem Dienstag im Sommer muss John-Marlon den Nachmittag mal wieder alleine verbringen. Aber wer weiß? Vermutlich hätte er nie die Lücke im Zaun und das, was sich dahinter verbirgt, entdeckt, wenn sein Vater ihm nicht wieder versetzt hätte. So gesehen hatte es also auch etwas Gutes. Vielleicht hätte er sonst nie die Bekanntschaft von Wind gemacht. Wind – schon der Name ist außergewöhnlich, oder? Er passt auch wirklich perfekt zu dem 12-jährigen Mädchen, denn Wind ist etwas ganz Besonderes. Sie lebt alleine in einem Bauwagen und macht auf den ersten Blick einen etwas verrückten Eindruck. Mit ihr kann man aber die tollsten Abenteuer erleben, denn alles, was Wind sagt, wird wahr. Ob Affen, Tiger, Dinosaurier oder Tropfsteinhöhlen - Wind muss nur sagen, dass sie da sind und dann sind sie es auch.

 

Wind war mir wohl von allen Charakteren die liebste. Für mich war sie eine Mischung aus Pippi Langstrumpf, Momo und Peter Pan. Zu ihr kommen die Kinder gerne, denn dank ihr und ihrer unglaublichen Fantasie wird wirklich alles möglich und man kann seine Probleme aus dem Alltag für eine Weile vergessen.

Nicht nur John-Marlon kommt fortan gerne zu Wind, auch vier andere Kinder schlüpfen sehr gerne durch die Lücke im Zaun. Und auch sie haben es gerade nicht leicht im Leben. Da wäre zum einen Jojo, der einfach nicht stillsitzen kann, weswegen er von seinen Eltern von einer Therapie zur nächsten geschleppt wird. Und Alicia, die sich, seit das neue Baby da ist, sehr vernachlässigt zu Hause fühlt. Und die Geschwister Goran und Esma, die aus Mazedonien stammen. Die kleine Esma kann nur schlecht Deutsch sprechen und stottert sehr. In der Schule wird sie deswegen gehänselt und Goran, ihr großer Bruder, verteidigt seine Schwester immer wieder und lässt dafür auch seine Fäuste zum Einsatz kommen. Was von der Schule natürlich nicht gerne gesehen wird.

 

Wie es in den Büchern von Antonia Michaelis eigentlich immer der Fall ist, so hat auch dieses Buch einen ernsten Hintergrund, der einem zum Nachdenken anregt und einen vor Augen führt, wie viel man erreichen kann, wenn man nicht alleine ist und gute Freunde an seiner Seite hat.

 

Neben dem ernsten Anteil gibt es auch jede Menge zum Träumen und Mitfiebern. Während des Lesens entstehen lauter offene Fragen, auf die man erst so nach und nach die Antworten erhält: Wer genau ist eigentlich das Mädchen Wind? Wo sind ihre Eltern? Warum dürfen die Kinder immer nur zwischen 14 bis 18 Uhr bei ihr sein? Woher kommen immer diese seltsamen Blütenblätter? Was hat es mit dem Mann Pepe auf sich? Oder mit diesen zwielichtigen Männern, die scheinbar hinter Wind her sind? Und was wird passieren, wenn der Sommer vorbei ist? Wird Wind dann wirklich nicht mehr da sein?

Ihr seht, lauter Rätsel erwarten einen hier, die unbedingt gelöst werden wollen. Wenn ihr wissen wollt, wie die Antworten auf diese vielen Fragen lauten und wenn ihr Lust auf ein wunderbar sommerliches und herrlich fantasievolles Abenteuer habt, dann solltet ihr dieses zauberhafte Kinderbuch unbedingt lesen. Auch Erwachsenen kann ich es wärmstens empfehlen.

 

Ein letztes noch, was ich unbedingt noch erwähnen und loben muss, sind die wunderschönen Illustrationen von Claudia Carls. Lauter wundervolle kleine Zeichnungen erwarten einen hier und ab und an gibt es sogar ganzseitige Bilder, die einfach nur toll sind!

 

Fazit: Ein märchenhaft schönes Kinderbuch über Freundschaft, Zusammenhalt, Abenteuer und Fantasie. Mir hat „Wind und der geheime Sommer“ wundervolle Lesestunden beschert und ich kann das Buch absolut empfehlen, Kindern wie Erwachsenen. Für mich zählt dieses Werk von Antonia Michaelis auf jeden Fall zu meinen liebsten, so ein schönes Kinderbuch, in welchem Träume wahr werden und der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind, habe ich schon seit längerem nicht mehr gelesen. Von mir gibt es volle 5 von 5 Sternen!