Rezension

Ein zauberhafter Ausflug ins Blumenbeet

Die Oleanderschwestern - Cristina Caboni

Die Oleanderschwestern
von Cristina Caboni

Ein Wohlfühlschmöker für Blumenliebhaber, eine Familiengeschichte für Italienfans und Flora-Wissen für Hobbygärtner. Eine leichte Frühlingslektüre mit düsterer Hintergrundgeschichte, die mich grundsätzlich gut unterhalten konnte, aber einige Schwachstellen aufweist.

Jedes Kapitel wird mit einer Blume eingeleitet. Die Autorin gibt Symbolik der jeweiligen Blüten wie auch Hinweise, wie die lieben Pflänzchen am liebsten gewässert werden und ob sie lieber im Schatten oder in der Sonne stehen. Diese Idee fand ich schön, obwohl mir Blumen nicht viel näher interessieren, als dass sie eben hübsch anzusehen sind. In diesem Roman ergibt es aber Sinn und ist ein schönes Extra für Hobbygärtner.
Der Schreibstil liest sich ebenfalls leicht und locker und ich fand mich schnell in der Geschichte. Obwohl ich mich mit Iris nicht unbedingt identifiziere, war sie mir nicht unsympathisch. Viola würde ich ebenfalls nicht mit mir vergleichen, ich mochte sie aber anfangs klein wenig mehr als ihre Schwester. Dies wechselte jedoch im Verlauf der Geschichte, weil Viola sich als ziemlich dickköpfig, leicht zickig und abwehrend herausstellte. Das Traurige daran ist: Ich verstand den Grund gar nicht, sondern fand es sogar eher hinderlich für die Geschichte. Natürlich ist es ein Schock, wenn du nur mit einem Elternteil aufwächst und dann auf einen Schlag erfährst, dass das andere Elternteil nicht tot ist und mit deiner Zwillingsschwester lebt, die dein Schicksal teilt. Hinzu kommt eine Grossmutter auf einem riesigen Anwesen in Italien. Trotzdem hätte ich diese rebellisch-kindliche Reaktion von Viola nicht nur das ganze Buch gezogen, weil sie dadurch jünger und unfreundlicher wirkt. Iris auf der anderen Hand wird als feine, zarte Blüte beschrieben, genau das Gegenteil ihrer Schwester, trotz innerer Stärke. 
Die Geschichte wird aus beiderlei Sicht geschrieben, wenn auch leicht mehr aus der Sicht von Iris. Dazwischen bekommt der Leser Einblicke in die Gedanken der Grossmutter. Interessant fand ich die kurzen Rückblenden in die Vergangenheit, in der eine Bianca Donati von ihren Gefühlen und Ängsten erzählt. Klar hat dies auch mit der späteren Zwillingsgeschichte einen Zusammenhang, aber ich möchte an dieser Stelle nicht spoilern. Nach der Hälfte des Buches, sollte jedoch jedem Leser, der sich gut auskennt in diesem Genre, klar sein, wohin die Erzählung uns führt und welche Optionen für das Ende wohl programmiert waren. So war der Schluss voraussehbar, aber nicht langweilig. Keine Überraschung, aber dennoch interessant.
Es gab einige Nebenfiguren, die ich gerne näher beleuchtet hätte, gerne etwas mehr von ihrer Geschichte erfahren hätte. Nicht nur, weil ich mich persönlich für diese Charaktere interessiere, sondern weil ich auch glaube, dass es der Geschichte hilfreich gewesen wäre. Allerdings gab es auch eine spezifische Nebenfigur, die ich absolut nutzlos fand. Ein nettes Nice-to-have, aber eigentlich nicht ausschlaggebend für die Erzählung und störte daher eher, wegen der Unterbrechung der eigentlichen Geschehnissen.
Im Gesamten hat mich das Buch gut unterhalten und war nicht schlecht. Abgesehen von dem wunderhübschen Cover, bezweifle ich jedoch, dass es mir allzu lange in Erinnerung bleiben wird. Denn obwohl ich gerne Familiengeschichten lese, war diese ein wenig zu konzipiert, zu sehr gewollt. Ich hätte mir mehr Spannung gewünscht, ein wenig mehr Handlung, eine aktivere Grossmutter. Am besten verlgeichen lässt sich der Roman wohl selbst mit einem Blumenbeet. Man wandert durch den Garten, findet die Gesamtansicht schön, doch ehrlich gesagt mag man einige Blumen lieber als andere. Das Farbenmeer des kompletten Beetes verzaubert, trotz dem bisschen Unkraut am Rand, trotz der Auswahl von nicht nur Lieblingsblumen. Man steht nur da und geniesst die Aussicht, bis man eben genug davon hat. Genauso fühle ich mich: Es war ein netter Besuch im Blumenbeet. Doch nun habe ich mich satt gesehen.
 

4 / 5 Sterne