Rezension

Ein zauberhaftes Buch über das Lesen und das Leben

Das Mädchen, das in der Metro las - Christine Féret-Fleury

Das Mädchen, das in der Metro las
von Christine Féret-Fleury

Bewertet mit 4 Sternen

Im Rahmen der Aktion #meinLesemoment vom Dumont Verlag durfte ich mich über zwei Exemplare des wirklich hübschen Büchleins "Das Mädchen, das in der Metro las" freuen (was mit dem zweiten Exemplar passiert, erfahrt ihr später!). Und ich war gleich beim Auspacken richtig begeistert, denn optisch ist der Roman ein echtes Highlight - neben dem tollen Umschlag-Design und dem schicken Lesebändchen punktet die Sonderausgabe nämlich mit mehreren, wirklich hübsch gestalteten Seiten, auf denen man sich Notizen zu seinen Herzensbüchern machen kann. Dieser Rahmen macht die Geschichte einfach noch einmal um einiges interessanter und liefert den perfekten Einstieg ins Geschehen, was gewissermaßen etwas Besonderes ist, denn nur selten gehen die Gestaltung und die Geschichte derart Hand in Hand wie bei "Das Mädchen, das in der Metro las".

 

Zeit, einen Blick hinter die Kulisse zu werfen, denn viel wichtiger als Cover und Lesebändchen sind natürlich die inneren Werte des Buches. Und die haben mir bereits auf den ersten Blick unheimlich gut gefallen, denn um ihre Protagonistin Juliette baut Christine Féret-Fleury ein sehr zartes, aber gleichzeitig starkes Gerüst aus Büchern, das die Geschichte ähnlich der Zeichnungen auf dem Cover einrahmt und sie so interessant und spannend für Bücherliebhaber wie mich macht. Ich meine damit den Grundgedanken, wenn nicht sogar das Leitmotiv von Féret-Fleurys Geschichte: Dass ein einziges Buch, wenn es denn das richtige ist, das Leben eines Menschen von grundauf verändern kann. Ihm eine neue Richtung, einen neuen Sinn geben und den Menschen am Ende glücklich machen kann. Dieser Gedanke hat mich so verzaubert und gefangen genommen, dass ich eigentlich sofort drinnen war in dieser sehr süßen und sehr poetisch erzählten Geschichte.

 

Es hat mir wahnsinnig gut gefallen, dass Juliettes Alltag zu Beginn als eher grau, ereignislos und austauschbar geschildert wird. Féret-Fleury arbeitet hier viel mit Bildern - die eklig gelbe Wand mit Aktenordnern in Juliettes Büro, die ihren tristen Arbeitstag und ihr eigentlich tristes Leben versinnbildlicht. Paris im nassen Februar-Grau, das genauso trist wirkt wie die Bürowand und einfach keinerlei Reiz hat. Féret-Fleury hat damit den perfekten Ausgangspunkt, die perfekte Stimmung geschaffen, denn sobald Juliette auf Soliman und seine Bücher trifft, fühlt sich das beim Lesen an wie Frühling. Man spürt, wie alles auf einmal Farbe bekommt, wie die Wolken sich verziehen und das plötzliche Licht Juliette eine Energie gibt, die ihr vorher gefehlt hat. Okay, das klang jetzt sehr kitschig - aber genauso hat es sich beim Lesen für mich angefühlt und genau das zeigt, wie unfassbar gut Féret-Fleury ihr Handwerk beherrscht und wie atmosphärisch und zauberhaft ihre Geschichte ist.

 

Natürlich war ich auch von Solimans Mission absolut begeistert - das richtige Buch für den richtigen Menschen finden und ihm damit die Kraft geben, sein Leben zu ändern und glücklich zu sein. Dieser Gedanke ist fast schon mythisch, denn sehnen wir uns nicht insgeheim alle nach dem richtigen Buch? Dem Anstoß, der den Stein ins Rollen bringt und uns neue Wege aufzeigt - frei nach dem Motto "Raus aus dem Grau und rein ins Leben"? Bei mir jedenfalls ist das so und deshalb war ich die ganze Zeit ganz nah dran an Juliette und den anderen Figuren in der Geschichte, denen ein einziges Buch ein neues Leben schenkt. Das, was hier zwischen den Zeilen steht, hat jedenfalls eine enorme Kraft und ist dabei wundervoll träumerisch und zart.

 

Die Geschichte selbst hat nach meinem Gefühl zum Ende hin etwas an Intensität und Kraft verloren - wo Juliettes trister Alltag und dieses Zwischenstadium hin zu einem glücklicheren Leben mich komplett vereinnahmt und mitgenommen haben, gelang das dem sozusagen dritten Teil der Geschichte, in dem Juliette nach ihrer Begegnung mit Soliman ihr Leben endlich in die Hand nimmt, nicht so richtig. Ich weiß gar nicht genau, woran das lag. Möglicherweise daran, dass ich mir vielleicht lieber vorgestellt hätte, auf welche Weise genau ein einziges Buch ein Leben ändert und dass mir Féret-Fleury hier zu offenherzig Lösungen aufzeigt, die meiner Meinung nach nicht hundertprozentig zu den Figuren passen. Nichtsdestotrotz ist dieser Roman magisch und kraftvoll und ganz bestimmt ein besonderes Leseerlebnis, dessen Grundidee einen auch nach dem Zuklappen des Büchleins nicht mehr loslässt.

Mein Fazit
Optisch ein Highlight, atmosphärisch der Hammer, über weite Strecken träumerisch und zauberhaft und einfach DAS Buch für Bücherliebhaber: "Das Mädchen, das in der Metro las" spielt in einer ganz eigenen Liga und hat mich mit seiner Bildhaftigkeit, der poetischen Sprache und dem auf so geniale Weise neu definierten Stellenwert des Buches absolut in seinen Bann geschlagen. Die Geschichte selbst hat für mich gegen Ende etwas ihren Reiz verloren, aber das macht das Erlebnis beim Lesen nicht weniger außergewöhnlich und schön. Definitiv ein Buch, für das die Herzen aller Lesen schlagen sollten!