Rezension

ein zeitweise anstrengendes "Lesevergnügen"

Swing Time - Zadie Smith

Swing Time
von Zadie Smith

Bewertet mit 3 Sternen

Von Zadie Smith hatte ich bislang noch nichts gelesen, aber der Name ist mir schon ein Begriff und  ich war gespannt. Swing Time stellte sich dann als ein für mich zeitweise etwas anstrengendes „Lesevergnügen“ heraus. Fesselnde Passagen wechselten mit detailverliebten, aber trotzdem verschwommenen Sequenzen, die mir einiges an Durchhaltevermögen abverlangt haben.

Den Prolog mal ausgenommen, nimmt die Geschichte ihren Anfang, als sich die beiden Protagonistinnen, Tracey und die niemals namentlich genannte Ich-Erzählerin, zum ersten Mal begegnen – im Jahr 1982 zur Ballettstunde von Miss Isabel.  Die Eloquenz, mit der die Autorin beim ersten Zusammentreffen die Erscheinungsbilder der beiden Mädchen beschreibt, dazu noch im jeweiligen mütterlichen Kontext, fand ich umwerfend und ließ mich ein, besonders sprachlich, fesselndes Lesevergnügen erwarten. Genau genommen war es das auch, doch dieser heiter-ironische Unterton, der sich durch die so authentisch wirkenden Jahre der Kindheit und Jugend zog, verblasste mit dem Heranwachsen der Mädchen.

Schwierig wurde es für mich im mittleren Drittel. Während Tracey kleinere Erfolge als Tänzerin verbuchen kann, ergattert die Ich-Erzählerin einen „Traumjob“  als Assistentin eines Mega-Stars, der sie mit Haut und Haaren auffrisst. Entfremdung tritt zwischen die ehemals so engen Freundinnen, und sie verlieren sich über längere Zeiträume hinweg aus den Augen. In dieser Phase des Buches hatte wirklich zu kämpfen. Blieb der Erzählfaden anfangs durchweg bei den Mädchen mit ihren kleinen und größeren Problemen, mündet er nun in einen kaleidoskopartigen Wechsel zwischen London, Afrika und New York, und das auch noch in verschiedenen Zeiten. Kaum hatte ich mich an einer Stelle halbwegs „eingelesen“, gab es einen Cut und mehr als einmal brauchte ich mehrere Sätze, bis mir klar war, an welchem Ort und in welcher Zeit es gerade weiter ging. Obwohl Aimee wahrscheinlich eine schillernde Figur sein soll, bleibt sie blass und schwammig, und die Passagen mit ihr -  ähm, ja - langweilig.

Die besondere Atmosphäre Afrikas, seiner Menschen mit ihren Stärken und Schwächen, und all der Hoffnungslosigkeit wird großartig eingefangen, aber im mittleren Teil hatte ich das Gefühl, damit regelrecht überflutet zu werden und nichts wirklich erfassen zu können. Erst im letzten Drittel wird die Geschichte für mich wieder griffiger, als das afrikanische Projekt Konturen annimmt, mir die Gegebenheiten dort und auch die Menschen mit ihren Eigenheiten und Problemen vertrauter werden. Es blitzt auch gelegentlich der alte Sarkasmus auf.

 „Swing Time“ ist ein vielschichtiges Buch, und könnte autobiografische Züge tragen, zumindest lassen die Fakten aus dem Leben der Autorin diesen Schluss zu. Die Sache mit dem Tanzen habe ich im weiteren Verlauf als nicht mehr so wichtig empfunden. „Schwarz sein“ schimmert immer wieder durch und hat seinen Stellenwert in der Geschichte, ohne im Vordergrund zu stehen, zumindest in meiner Wahrnehmung.

Meine Lieblingsfigur ist die Mutter der „namenlosen Ich-Erzählerin“ gewesen, eine beeindruckende Frau, die ihre Tochter letztlich doch geprägt hat. Zu den beiden Mädchen bin ich durchweg auf Distanz geblieben, wie seinerzeit auch zu Lila und Elena. An diese beiden Protagonistinnen aus Ferrantes „Meine geniale Freundin“ und ihre eigenwillig ambivalente Beziehung habe ich mich immer wieder erinnert gefühlt.

Zadie Smith ist eine sprachlich begnadete Autorin, die wirklich etwas zu sagen hat, aber für mich persönlich würde etwas mehr Struktur und weniger inhaltlicher Mix das Lesevergnügen erhöhen.