Rezension

Einblick in das Russland der 90er Jahre

Blasse Helden - Arthur Isarin

Blasse Helden
von Arthur Isarin

~~Inhalt
Anton zieht zu Beginn der 90er Jahre nach Moskau. Der 32jährige Deutsche ist schon in der Welt herumgekommen, doch selbst eine Metropole wie New York langweilt ihn. Er hofft, dass er in Moskau eine andere Form von Freiheit erleben kann. Lange Zeit genießt er sein Leben inmitten der Elite des Landes. Er verdient viel Geld, feiert Parties und hat schöne Frauen an seiner Seite. Bis die politische Lage erfordert, dass er eine Entscheidung trifft.

Meine Meinung
Anton ist ein Charakter, den man nur selten in Büchern vorfindet. Er hat keine politische Meinung und stellt auch keine moralischen Fragen. Sein Hauptzweck ist sich den Kick in Moskau zu holen, den er in London oder auch New York vermisst hat. Geld, schöne Frauen, Parties aber auch der Besuch kultureller Veranstaltungen sind die treibenden Kräfte in seinem Leben. Mehr braucht es nicht und mit wem man sich die Vorzüge des elitären Lebens teilt sind auch nicht von Belang. Anton ist es größtenteils egal, ob er mit Betrügern, korrupten Unternehmern oder auch Menschenhändlern zu tun hat. Es gibt schon manchmal kleine Momente, in denen er in Frage stellt, was um ihn herum geschieht, aber diese werden schnell wieder ausgeblendet. Auch der politische Umbruch, der so manche Unruhe mit sich bringt, wird von ihm zwar zur Kenntnis genommen, aber eher als lästig empfunden, wenn er z. B. so etwas wie eine Ausgangssperre bei seinen abendlichen Aktivitäten beachten muss.

Trotz diesem doch recht eingeschränkten Interesse bzw. der Interessenlosigkeit an den wesentlichen Dingen, komme ich nicht umhin, Anton auch ein wenig cool zu finden. Warum? Weil ich eigentlich kaum glauben kann, dass jemand so durchs Leben geht. Wie kann es sein, dass ihm wichtiger ist die Oper zu besuchen, als auf Missstände zu reagieren, die er zum Beispiel bei einem seiner beruflichen Besuche in der Ukraine miterlebt?  Auch, dass er die oben zitierte Ausgangssperre ignoriert und dann auch noch frech deswegen rumdiskutiert, als er auf dem Weg in seine Wohnung angehalten wird – ja, das muss man erst mal bringen. Wird er dem Titel "Blasse Helden" gerecht – jein. Einerseits ist Anton in der Tat ein blasser Mensch (Held ist mir in dem Zusammenhang nicht passend), dem bis auf wenige Dinge alles egal zu sein scheint, andererseits macht ihn aber gerade diese Art dann doch ein wenig bunter, als man zunächst annehmen mag.

Arthur Isarin hat mit Anton aber nicht nur eine ungewöhnliche Figur geschaffen, sondern gibt auch Einblick in das Russland der 90er Jahre. Er beschreibt die Zeit des Umbruchs und bedient sich gerne gängiger Klischees, die für mich teilweise überzeichnet wirkten. Einzig das Ende hat mir nicht ganz so gut gefallen, da es ein wenig zu hektisch kam und Anton die Entscheidung, die er treffen musste, zu leicht gemacht wurde. Hier hätte ich mit mehr Widerstand gerechnet, dem er sich erst noch wiedersetzen muss. Insofern hatten die letzten Seiten bei mir den Eindruck erweckt, dass der Autor schnell fertig werden wollte oder ihm eine gute Idee gefehlt hat, um einen passenden Abschluss zu finden. 

Fazit
"Blasse Helden" ist ein interessanter Blick in das Russland der 90er mit einem wirklich anderen Protagonisten, als man ihn üblicherweise in Romanen vorfindet. Mir hat die Zeitreise in die russische Vergangenheit größtenteils sehr gut gefallen, weshalb ich gerne 4 Sterne vergebe.