Rezension

Einblicke in das Seelenleben eines besonderen Menschen

Anton Reiser - Karl Philipp Moritz

Anton Reiser
von Karl Philipp Moritz

Bewertet mit 4 Sternen

Moritz beschreibt das Leben seines alter Egos Anton Reiser von früher Kindheit an bis ins junge Erwachsenenalter.

Anton wuchs in ärmlichen Verhältnissen in einer pietistische geprägten Arbeiterfamilie auf. Hier erfuhr er Erniedrigungen, Demütigungen und Vernachlässigung durch seine Eltern. Sein sehnlichster Wunsch ist es, auf das Gymnasium gehen zu können und Romane lesen zu dürfen. Seine Eltern können sich dies jedoch nicht leisten und so wird er zunächst zu einem Hutmacher in die Lehre geschickt. Jedoch ist Anton dabei nicht glücklich. Durch Zufall gerät er in die Gunst des Prinzen, der ihm den Besuch des Gymnasiums ermöglicht. Immer wieder empfindet Reiser Scham für seinen niedrigen Stand, immer wieder fällt er durch sein Aussehen bei den reichen Kindern auf und schließlich verschanzt er sich in seine Romane und lässt seine reiche Phantasie ausschweifen. Geschickt schildert Moritz dabei das psychologische Innenleben und die Identitätsschwankungen seines Protagonisten. Einer der großen Träume Reisers ist es Schauspieler zu werden. Bis zuletzt lässt der Autor es offen, was aus dem hochempfindlichen, hochbegabten Anton Reiser wird. Und immer wieder versucht er heimlich Erziehungstipps zu geben und die absolutistische Gesellschaft zu kritisieren. Desweiteren wird auch geschildert, was vermehrte Romanlektüre und das Lesen für einen wahren Buchliebhaber bedeuten kann.

Ein ca. 500-seitiges Buch, das den Kampf eines intelligenten, hochbegabten Jungen aus ärmlichen, bildungsfernen Verhältnissen zu seinem Recht auf Bildung und gesellschaftliches Emporarbeiten unverschönt schildert. Zwischendurch ist es manchmal etwas langatmig, aber es spannend die Entwicklung Reiser zu verfolgen.