Rezension

Eine Achterbahnfahrt der Emotionen

All die verdammt perfekten Tage
von Jennifer Niven

Bewertet mit 5 Sternen

Auf dem Glockenturm ihrer Highschool treffen Theodore Finch und Violet Markey aufeinander, beide jenseits der Brüstung, beide springen schließlich nicht. Das gemeinsame Erleben schweißt sie im Folgenden immer enger zusammen.

Selten, dass mich ein Charakter sofort so gefangen nimmt, wie Finch, der Autorin ist es außerordentlich gut gelungen, diesen eigentlich schwer zugänglichen Charakter unglaublich liebenswert darzustellen. Ziemlich schnell erkennt man, dass Finch wohl an einer bipolaren Störung leidet (er erzählt von Wach- und Schlafphasen), zudem kommt er aus einem schwierigen Elternhaus und hat unter Mobbing-Attacken zu leiden. Freunde hat er nur wenige, Lebensfreude noch weniger. Bei Violet brauchte ich deutlich länger, bevor ich sie in mein Herz schließen konnte. Cheerleaderin und bei den Mitschülern beliebt, kann sie nun einen großen Verlust nicht verarbeiten und leidet zusätzlich unter Schuldgefühlen. Finch und Violet, beide im Abschlussjahrgang, tun sich gegenseitig gut und trotzdem schwebt weiterhin viel Melancholie über der Geschichte.

Ich habe mich sehr schnell in der Geschichte wohlgefühlt, sie versprüht, bei aller Melancholie auch Lebensfreude. Violet und Finch erzählen beide fast durchgehend abwechselnd in Ich-Form, wodurch Nähe zwischen den Charakteren und dem Leser aufgebaut und das Geschehen noch eindringlicher wird. Die Autorin arbeitet mit vielen passenden Buchzitaten, die der Geschichte eine zusätzliche Qualität geben. Sehr gut hat mir auch gefallen, dass wir zusammen mit Finch und Violet einige, zum Teil sehr kuriose, „Sehenswürdigkeiten“ Indianas kennen lernen.

Selten habe ich einen so emotional packenden Roman gelesen, der mich immer mehr in seinen Bann zieht, man bangt, man hofft, man ärgert sich, man weint und lacht, liest immer atemloser und ist am Ende ein nervliches Wrack. Zum Ende möchte ich wenig sagen, ich hätte es mir anders gewünscht, aber es passt zur Geschichte und zum wahren Leben.

In einem Nachwort erfährt man, dass der Roman autobiographisch geprägt ist, wodurch er noch eindringlicher wirkt. Auf Grund der Thematik ist es gut, dass im Anhang hilfreiche Adressen aufgelistet werden.

Insgesamt ein atemberaubender Roman, mit wunderbaren Protagonisten, emotional sehr packend, viel Stoff zum Nachdenken liefernd und sicher lange nachwirkend. Für mich ein Lesehighlight, das ich gerne weiter empfehle.