Rezension

Eine andere Welt

Nirgendwo im Haus meines Vaters
von Assia Djebar

Bewertet mit 3.5 Sternen

Fatima wächst in Algerien auf, in den vierziger und fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Ihr Leben ist einerseits geprägt von der dörflichen und traditionellen Haltung ihrer Umgebung und andererseits von der weltoffenen Einstellung der Familie in vielen Bereichen. Die Grenzen sind fließend zwischen dem, was geduldet wird und dem, was die Familienehre verletzt. So ist das Lesen von Büchern aller Art durchaus gewollt, aber Fahrrad fahren für Frauen undenkbar. Fatima stolpert immer wieder über ungeschriebene Gesetze, ist zerrissen zwischen dem Wunsch, es ihrem geliebten Vater recht zu machen und ihrer eigenen Vorstellung eines selbstbestimmten Lebens. Ob sie daran zerbricht, mag der Leser selbst entscheiden...

 "Nirgendwo im Haus meines Vaters" gilt als das persönlichste Buch Assia Djebars, weil sie darin ihre eigene Kindheit und Jugend aufarbeitet. In wunderbar lebendigen Bildern läßt sie eine vergangene Welt wieder auferstehen, mit schönen, fremdartigen, aber auch traurigen und einsamen Momenten. Sie nimmt den Leser mit auf ihre Reise, läßt ihn teilhaben an ihren Gefühlen damals und an ihren Gedanken dazu heute. Dabei ist sie nie einseitig oder verurteilt grundlos, sondern sieht die Menschen im Kontext ihrer Herkunft und Erziehung.

Das wird nicht das letzte Buch der Djebar sein, welches ich gelesen habe. Mir gefällt ihre sehr poetische Sprache und die ruhige Erzählweise, die trotzdem nie langweilig oder beliebig ist, sondern im Gegenteil sehr intensiv und berührend.