Rezension

Eine Familie zerrissen von den unmenschlichen Lebensumständen in der Nordstadt

Tiefenwelt - Theresa Sperling

Tiefenwelt
von Theresa Sperling

Eine faszinierende Dystopie in deren Zentrum eine auseinander gerissene Familie steht. Ein Junge, der zu Höherem berufen ist und eine Stadt, die dank ihrer Aufteilung für einen Großteil der Bewohner nur Leiden bedeutet. Stimmungsvolles Abtauchen garantiert.

Inhalt:

Die Tiefenwelt ist ein geheimnisumwobenes Bunkerlabyrinth unter der Stadt. In dieses gerät der 16-jährige Lenyo, nachdem er durch die Soldatisten von seiner Familie getrennt wurde. Er erfährt, dass man in der Tiefenwelt die Rebellion gegen die vorherrschenden Verhältnisse vorbereitet und er eine besondere Gabe hat. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als sich der neuen Aufgabe zu stellen, in der Hoffnung seine Familie retten zu können.

Setting und Stil:
Theresa Sperling gelingt es hervorragend die dystopische Stimmung in der Stadt und für die Menschen dem Leser zu vermitteln. Man merkt, dass der Überlebenskampf im Vordergrund steht. Der kleinste Fehler bedeutet das Ende. Hunger, Mangel, Niedergeschlagenheit und Trostlosigkeit regieren die Nordstadt. Erst als man mit Lenyo die Tiefenwelt erreicht, ändert sich zumindest die Stimmung, selbst wenn ein falscher Schritt auch hier alles zum Einsturz bringen würde. Einfach toll, wie man als Leser gebannt mitfiebern muss und sich über jede lustige, stresslösende Situation freut.
Neben Lenyo geht es vor allem um seinen Vater Lugh, der von den Soldatisten inhaftiert wurde, sowie seine Mutter Flor und seinen Bruder Nebo. Dadurch wechseln die Sichtweisen von Abschnitt zu Abschnitt und das Leben oberhalb und unterhalb der Stadt bewegt sich zeitgleich voran.

Charaktere:
Lenyo ist ein normaler 16-jähriger Junge. Kein Wunder also, dass ihn in Tiefenwelt als erstes die schöne und faszinierende Lielle ins Auge springt. Wie sich herausstellt ist er zum Protektor bestimmt, da er eine besondere Gabe hat, die noch ausreifen muss. Es ist sehr leicht sich mit ihm zu identifizieren und mit ihm die neue Welt zu entdecken.
Er musste seine Familie zurücklassen mit der Befürchtung sie nie wiederzusehen. Sein Vater gerät in Haft, seine Mutter ist tödlich erkrankt und wird ohne Medikamente nicht überleben und sein Bruder muss sich ebenfalls alleine durchschlagen.
Eine Situation, in der sie alle nichts mehr zu verlieren haben. Aussichtsloser geht es kaum. Bleibt nur die Hoffnung, dass seine neue "Familie" und ihre geplante Revolution etwas ändern kann.
Die Charaktere sind stimmig, man fühlt und leidet gerne mit ihnen. Natürlich gibt es einige Überraschungen und nicht jeder ist das, was er zu sein scheint.

Geschichte:
Eine Stadt, in der der Status Quo für die Südstädtler nur dadurch gehalten werden kann, dass der Rest der Bevölkerung gnadenlos und brutal unterjocht wird. Ein unterirdisches Gängesystem, in dem sich der Widerstand organisiert und Menschen, deren besondere Fähigkeiten die Lösung sein könnten. Alles Zutaten, die eine hervorragende dystopische Geschichte ergeben. Dazu kommen interessante Charaktere, viele zwischenmenschliche Beziehungen und ein Familienzusammenhalt, der auf die ultimative Probe gestellt wird.
Mir hat es sehr gut gefallen, mich in diese Welt zu begeben. Dabei gibt es noch ein kleines aber feines I-Tüpfelchen, das sich am Ende offenbart und über das ich lieber kein Wort verlieren möchte. Das müsst ihr selbst herausfinden.

Fazit:
Tiefenwelt ist eine Dystopie, die ich jedem Fan des Genres ans Herzen legen kann. Sowohl jugendliche als auch ältere Leser werden ihren Spaß daran haben. Die Stadt ist wie dafür geschaffen, die Charaktere leiden zu lassen und es ist toll mitzuerleben, wie sie sich langsam aus dieser Trostlosigkeit herausarbeiten. Jugendliche Gefühlswallungen dürfen nicht fehlen und insgesamt hat die Autorin eine Geschichte erschaffen, die mich gefesselt und berührt hat. Eine Erfahrung, die ich jedem gönne, deshalb bleibt mir nur die Empfehlung, das Buch schnell auf die Wunschliste zu setzen.