Rezension

Eine fantasiereicher und humorvoller Auftakt

Silber - Das erste Buch der Träume
von Kerstin Gier

Bewertet mit 5 Sternen

"Nirgendwo lernt man einen Menschen besser kennen als in seinen Träumen, und nirgendwo kann man mehr über seine Schwächen und Geheimnisse erfahren." (S.356)

Geheimnisvolle Türen mit Eidechsenknäufen, sprechende Steinfiguren und ein wildgewordenes Kindermädchen mit einem Beil … Liv Silbers Träume sind in der letzten Zeit ziemlich unheimlich. Besonders einer von ihnen beschäftigt sie sehr. In diesem Traum war sie auf einem Friedhof, bei Nacht, und hat vier Jungs bei einem düsteren magischen Ritual beobachtet. Zumindest die Jungs stellen aber eine ganz reale Verbindung zu Livs Leben dar, denn Grayson und seine drei besten Freunde gibt es wirklich. Seit kurzem geht Liv auf dieselbe Schule wie die vier. Eigentlich sind sie ganz nett.  Wirklich unheimlich – noch viel unheimlicher als jeder Friedhof bei Nacht – ist jedoch, dass die Jungs Dinge über sie wissen, die sie tagsüber nie preisgegeben hat – wohl aber im Traum. Kann das wirklich sein? Wie sie das hinbekommen, ist ihr absolut rätselhaft, aber einem guten Rätsel konnte Liv noch nie widerstehen …

Meine Meinung      

  • Handlung / Verlauf der Geschichte        

Die ersten Seiten waren kaum gelesen, da hatte mich Kerstin Gier schon mit ihrer humorvollen Erzählweise, die mir noch bestens aus der Edelsteintrilogie bekannt ist, voll und ganz für sich gewonnen. Ich kam aus dem Schmunzeln nicht mehr heraus, was mir den Einstieg in die Geschichte sehr leicht gemacht hat. Die Seiten sind nur so an mir vorbeigesprudelt :)

Wir lernen die fünfzehnjährige Olivia „Liv“ Silber und ihre kleine Schwester Mia kennen, die wieder einmal umziehen müssen, da ihre Mutter - eine angesehene Literaturwissenschaftlerin -  so gut wie jedes Jahr an einer anderen Universität eine Stelle annimmt. Dieses Mal heißt ihr neues Zuhause Oxford. Doch als Liv und Mia in London ankommen, wartet nicht wie versprochen das kleine Cottage auf sie, sondern das Haus, in dem der neue Freund ihrer Mutter mit seinen Kindern Grayson und Florence lebt. Und als wäre diese Situation nicht schon seltsam genug, stellen sich auch plötzlich Liv’s Träume als großes Rätsel heraus: Eines Nachts findet sie sich auf einem Friedhof wieder, wo vier Jungs aus der Frognal Academy gerade ein geheimnisvolles Ritual durchführen. Neugierig beobachtet Liv sie dabei, platzt dann jedoch unglücklicherweise mitten in das Geschehen. Am nächsten Morgen tut sie diesen Traum natürlich als unbedeutend ab, doch warum können sich Grayson, Jasper, Henry und Arthur an jedes kleine Details erinnern? Liv möchte dem natürlich auf den Grund gehen. Sie liebt Geheimnisse und Herausforderungen und ist nicht gewillt sich von irgendjemandem abwimmeln zu lassen…

Von da an war es schier unmöglich das Buch – wenn auch nur für kurz - aus den Händen zu legen. Meine eigene Neugier war unerbittlich und trieb mich zum ständigen Weiterlesen an. Darüber hinaus sind mir gefühlte tausend Fragen durch den Kopf geschwirrt, auf die ich am liebsten sofort eine Antwort gehabt hätte. Was hat es mit diesen Träumen aus sich? Welche Rolle spielen Grayson und seine Clique dabei? Was hat Liv mit der ganzen Sache zu tun?

Auf der Suche nach der Wahrheit, die sich kniffliger gestaltet als gedacht, darf aber auch eine kleine Liebesgeschichte nicht fehlen, die ganz wunderbar in das eigentliche Geschehen mit eingeflochten wurde.

Im Gegensatz zur ersten Hälfte des Buches, wird es in der zweiten Hälfte zunehmend spannender. Nach und nach habe ich Antworten auf meine Fragen bekommen, wobei einige auch noch offen geblieben sind. Kerstin Gier hat es sogar geschafft mich mit einer wirklich unerwarteten Entwicklung zu überraschen, sodass ich alle meine Vermutungen zu dem bisher unbekannten „Feind“ über den Haufen werfen musste. Angespannt habe ich dem Schluss entgegengefiebert, der anders als erwartet nicht mit einem fiesen Cliffhanger geendet hat, aber trotzdem unheimlich neugierig auf den zweiten Band macht.

  • Schreibstil

Kerstin Gier hat einen wunderbar leichten, lockeren und sehr humorvollen Schreibstil, der den Leser förmlich durch die Seiten rasen lässt und ihm immer wieder ein Lächeln entlockt. Es macht einfach nur riesig Spaß ihre Geschichten zu lesen und in sie abzutauchen. Frau Gier weiß einfach ganz genau wie sie einen begeistern kann. Die Idee mit den Träumen und das jeder Mensch seine eigene Traumtür hat, fand ich richtig toll, da sie mich an einen meiner Lieblingsdisneyfilme „Die Monster AG“ erinnert hat. Wie bereits gewöhnt sind die Charaktere sehr liebevoll ausgearbeitet und wachsen einem schnell ans Herz.

  • Charaktere

Liv war mir vom ersten Augenblick an super sympathisch und ich habe sie wie ihre Schwester Mia total in mein Herz geschlossen. Sie ist ein unverblümt ehrliches und selbstbewusstes Mädchen, das nicht auf denn Munde gefallen sowie über das Maß hinaus neugierig ist. Kein Wunder, dass sie Geheimnisse über alles liebt und das Lösen von Rätsel als persönliche Herausforderungen ansieht. Bei ihren nächtlichen Ausflügen in die Traumwelt verbringt sie ihre Zeit hauptsächlich mit Henry, wobei sich langsam aber sicher Gefühle zwischen den beiden entwickeln.

Grayson, Jasper, Henry und Arthur haben mir durchweg gut gefallen. Die vier Jungs sind absolut facettenreich gestaltet, sodass jeden einzelnen von ihnen unterschiedliche Eigenschaften ausmachen. Mit am lustigsten fand ich Jasper, der laut Liv wie „Rasierspaß-Ken“ aussieht. Henry hingegen kommt sehr geheimnisvoll herüber, weshalb er meine Aufmerksamkeit gleich mal auf sich gezogen hat. Allerdings bin ich allen gegenüber erst einmal skeptisch geblieben und habe abgewartet welche Erkenntnisse ich im Laufe der Geschichte über sie erlangen werde. 

Mein Fazit

Mit „Silber: Das erste Buch der Träume“ ist Kerstin Gier ein fantasiereicher und sehr humorvoller Auftakt für ihre neuen Jugendbuch Trilogie gelungen. Die ersten Seiten waren kaum gelesen, da hatte sie mich schon voll und ganz für sich und ihre Idee gewonnen. Dazu die liebevoll gestalteten und facettenreichen Charaktere, die mir schnell ans Herz gewachsen sind, und der Lesespaß war perfekt. In der zweiten Hälfte des Buches wird es schließlich zunehmend spannender und man fiebert unentwegt dem Ende hingegen. Ein wahrer Pageturner, der einem ein paar schöne, entspannte Lesestunden bereitet ♥