Rezension

Eine faszinierende Geschichte auf zwei verknüpften Zeitebenen

Der vergessene Strand - Julie Peters

Der vergessene Strand
von Julie Peters

Bewertet mit 5 Sternen

Der Roman „Der vergessene Strand“ von Julie Peters, der als Taschenbuch im Rowohlt Verlag erschienen ist,  verbindet geschickt eine Erzählung, die im Berlin der Gegenwart ihren Ausgangspunkt hat,  mit einer Geschichte, die sich  vor über 100 Jahren in England ereignete. Der Titel des Buchs passt zum Cover, auf dem ein einsames Häuschen an einem verlassenen Strand steht, gerade so, wie es im Roman auch geschildert wird.

Die 33-jährige, promovierte Historikerin Amelie schreibt in Berlin seit einigen Monaten an einer Biografie über die englische Adlige Beatrix, die Ende des 19. Jahrhunderts in London lebte und sich manches Mal nicht an die Konventionen ihrer Zeit hielt, genauso wenig wie ihre jüngere Schwester Anne. Amelies Interesse an den beiden Schwestern wurde durch ein Buch geweckt, das sie im Regal ihrer Mutter gefunden hat.

Eines Tages erhält sie einen Brief, aus dem ihr das Ultraschallfoto  eines Babys entgegenflattert. Ihren langjährigen Freund Michael, mit dem sie zusammenwohnt, stellt sie daraufhin zur Rede. Spontan macht sie sich auf zu einer Recherchereise nach Wales, genauer gesagt nach Pembroke. Die Zeit dort möchte sie ebenfalls dazu nutzen, über die Fortsetzung ihrer Beziehung nachzudenken. Ein Haus dort kommt ihr seltsam bekannt vor. Bei den älteren Bewohnern des Städtchens trifft sie auf eine befremdliche Ablehnung. Amelie beginnt Fragen zu stellen und die Antworten bringen sie in ihre eigene Vergangenheit. Sie ist eine stark mit einem eigenen Willen, den sie auch umzusetzen weiß. Vor Ort findet sie in dem Apotheker Dan einen Freund, der ihr hilfreich zur Seite steht, die Beziehung verändert sich. Doch kann es für die beiden eine gemeinsame Zukunft geben oder soll sie Michael verzeihen und zu ihm zurückkehren?

Die Geschichte liest sich leicht und flüssig. Sie konnte mich durch die sorgsam überall verborgenen Geheimnisse, die auf spannende Weise erst nach und nach aufgedeckt werden, in ihren Bann ziehen. Geschickt hat Julie Peters die Gegenwart mit der Vergangenheit verwoben, was sich auch in unterschiedlichen Schriften im Buch ausdrückt. Immer wieder unterbrechen kleine Episoden aus dem Leben von Beatrix und Anne, gelegentlich auch in Briefform, die Schilderung der Ereignisse über Amelie.

Auf beiden Zeitebenen arbeitet die Autorin die  Rollenerwartungen der Gesellschaft an die Frauen der jeweiligen Zeit in ihre Erzählung ein. Deutlich ist eine Änderung der allgemeinen Auffassung spürbar, mehr möchte ich hierzu nicht verraten. Die Charaktere werden mit ihren wechselnden Stimmungen und Gefühlen realistisch und glaubhaft beschrieben. Ich mochte dieses Buch sehr gern und war fasziniert davon, welche Wendungen die Autorin in die beiden Geschichten hineingeschrieben hat. Gerne gebe ich daher eine uneingeschränkte Leseempfehlung.