Rezension

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Eine Frage der Schuld

In einem anderen Licht - Katrin Burseg

In einem anderen Licht
von Katrin Burseg

Miriam arbeitet als Journalistin und steckt gerade mitten in der Vorbereitung des renommierten Sartorius-Preises für Zivilcourage, als ihr mehrere anonyme Briefe mit einer rätselhaften Botschaft ins Haus flattern: "Fragen Sie Dorothea nach Marguerite". Worauf weist der anonyme Absender hin? Die charismatische Witwe des Reeders und Stifterin des Preises, Dorothea Sartorius, reagiert nur ausweichend auf Miriam's Fragen, deren journalistischer Spürsinn sofort geweckt wird. Die Spuren führen in die mysteriöse Vergangenheit der Witwe, in die 70er Jahre, als linksextreme Terrorgruppen Deutschland in Angst und Unruhe versetzt hatten. Miriam begibt sich auf die Suche an die Schlei und versucht dort die Wahrheit über Dorothea Sartorius herauszufinden. Dabei gerät sie nicht nur selbst in schwere Gewissenskonflikte, sondern muss sich auch zwischen ihrem journalistischen Ehrgefühl, und dem Mann entscheiden, der ihr und ihrem Sohn Max wieder neue Hoffnung auf ein neues Lebensglück gibt.

Katrin Burseg ist ein ungewöhnlich ruhiger Roman über ein sehr spannendes und vielfältig diskutiertes Thema der deutschen Geschichte gelungen: den Deutschen Herbst. Dabei verknüpft sie aus meiner Sicht gekonnt geschichtliche Fragen nach Schuld und Unschuld, mit Trauer und Trauerbewältigung, und dem Mut sich der Vergangenheit und der Zukunft zu stellen. Im Zentrum steht die Hamburger Journalistin Miriam, die nach einem tragischen Unglücksfall ihren Mann bei einem journalistischen Auslandseinsatz verliert. Mit ihrem kleinen fünfjährigen Sohn Max versucht sie ein neues Leben zu beginnen, das ihr natürlich nicht immer leicht fällt. Dabei geholfen hat ihr eine Selbsthilfegruppe, die von der Reederin Dorothea Sartorius selbst ins Leben gerufen hatte. Für mich war Miriam von Anfang an sehr sympathisch und in ihrer Trauerbewältigung auch nachvollziehbar beschrieben. Rührend versucht sie sich um ihren kleinen Sohn Max zu kümmern und es ist gut nachvollziehbar, mit welchen Gewissensbissen sie zu kämpfen hat, als sie während ihrer Recherchen an der Schlei einen Mann kennenlernt, der für sie und ihren Sohn eine neue Chance auf ein neues Lebensglück bietet. Spannend und mysteriös zugleich erzählt, war für mich die Figur der Mäzenin Dorothea Sartorius, die als großzügige Stifterin anfangs in einem extrem positiven Licht erscheint und durch ihre Vergangenheit zunehmend zu einem Rätsel für den Leser wird - eben in einem anderen Licht erscheint. Ich persönlich hätte gern noch viel mehr Hintergründe aus der Vergangenheit der Sartorius erfahren. Bietet doch allein die Geschichte um die RAF schon genug Stoff, um hier eine äußerst spannende Geschichte zu erzählen. So bleibt dem Leser nur ein kleiner, wenn auch trotzdem nicht unspannender Einblick in die Vergangenheit der Sartorius, die auch für die Mäzenin im Zuge der Recherchen von Miriam zu einem Gewissenskonflikt wird: die Wahrheit zu sagen oder weiter eine Lüge zu leben. Insofern erscheint mir der Roman äußerst facettenreich wie die Handlung und ihre Charaktere.

Katrin Burseg hat einen sehr angenehmen und ruhigen Schreibstil. Ich mag ihre unbewertende Art zu schreiben und man durchaus den Eindruck, dass sie sich mit den historischen Fakten, wenn auch nicht so tiefgründig, befasst hat. Als Leser bekomme ich durchaus die Chance mir selbst ein Urteil über die handelnden Personen zu bilden. Das machte für mich das Lesen dieses Romans zu einem sehr angenehmen Lesevergnügen.

Mein Fazit: Ein ruhiger und zutiefst aufrüttelnder Roman über ein Stück deutscher Geschichte, der sich gekonnt mit den Themen Schuld, Trauer und Mut auseinandersetzt.