Rezension

Eine geniale Dystopie made in Germany :)

Flammen über Arcadion - Bernd Perplies

Flammen über Arcadion
von Bernd Perplies Isabelle Hirtz

Bewertet mit 5 Sternen

Eine mitreißende Dystopie made in Germany!

Bereits nach den ersten paar Seiten von Flammen über Arcadion war mir klar: Das wird ein Buch ganz nach meinem Geschmack! Der Schreibstil ist flüssig und detailreich, wirkt dabei aber an keiner Stelle überladen. Die Atmosphäre im Buch ist greifbar und sehr schnell ist man mittendrin in Arcadion. Ebenso schnell habe ich eine Bindung zu der Protagonistin Carya aufgebaut, die ein intelligentes Mädchen zu sein scheint, das von einem Jungen schwärmt und sich über ihre enge Freundschaft zu dem Arbeiter-Mädchen Rajael freut. Sie ist mutig und steht für ihre Überzeugungen ein, was an manchen Stellen vielleicht ein wenig stur, aber umso sympathischer rüberkommt. 

In den ersten Kapiteln lernt man einiges über Arcadion. Es ist aus den Ruinen Roms entstanden und wird vom Orden des Lux Dei beherrscht, der seine Macht mit allen Mitteln verteidigt und vergrößert. Nicht selten verliert dabei ein Mensch sein Leben. Später, wenn man einen Blick hinter die Kulissen wirft, wird schnell klar, dass alles noch viel schlimmer ist als es den Anschein hat. Folter steht an der Tagesordnung und es gibt sogar Menschen, die einer solchen in ihrer Freizeit als Zuschauer beiwohnen. 

Doch es gibt nicht nur die normalen Bewohner Arcadions. Es gibt auch „künstliche“ Menschen, die komplett im Reagenzglas gezeugt und „gezüchtet“ wurden und die in Arcadion wohl den niedrigsten Stand bekleiden. Ein solcher „Invitro“ ist es, der Carya mit dem Templersoldat Jonan indirekt zusammenbringt.
Jonan ist ein Charakter, mit dem man anfangs Mitleid verspürt, weil er die Position, die er innehat, eigentlich gar nicht möchte, auf Wunsch seines Vaters aber dennoch angetreten ist. Er vertritt die vom Lux Dei vorgegebenen Ideale nicht und kommt seinen Aufgaben  manchmal nur widerwillig nach. Umso glücklicher war ich natürlich, als er sich gegen diese „Rolle“ entscheidet und tut, was man öfter sollte: Auf sein Herz hören.

Dass Flammen über Arcadion aus diesen beiden Perspektiven geschildert wird finde ich toll, denn dadurch hat man viel mehr von der Geschichte und man kann sich auch viel besser in die Charaktere hineinversetzen. Zudem ist diese Erzählweise ideal, um von zwei Schauplätzen gleichzeitig zu berichten, was sowohl am Anfang, als auch am Ende nötig ist. 

Es sind drei Augenblicke, die das Schicksal der beiden Protagonisten besiegeln. Von da an beginnt für beide ein rasantes Abenteuer, das auch ein Wettlauf gegen die Zeit ist. Nicht selten müssen unsere „Helden“ Rückschläge einstecken, die mich genauso getroffen haben wie sie selbst. Es ist ein Kommen und Gehen von Charakteren, das nicht immer einfach zu verdauen ist. 

Ein besonderer Charakter ist für mich der dreizehnjährige Pitlit. Er scheint auf den ersten Blick etwas  komisch zu sein, weil er sich in keiner Weise wie ein normaler Junge in diesem Alter verhält, doch bald wird klar, dieser Bursche hat so einiges drauf! Sei es eine Flucht aus der Stadt, ein Einschleichmanöver in die Stadt, oder das Beschaffen von Proviant: Auf Pitlit kann man sich immer verlassen. Sein bisheriges Leben hätte ihn eigentlich traurig und resigniert machen müssen, aber er strotzt nur so vor Selbstbewusstsein und Mut. Mit seinem frechen Mundwerk weiß er auch in schwierigen Momenten die Stimmung aufzuhellen. Für mich hat er in Flammen über Arcadion etwas ganz wichtiges symbolisiert: Hoffnung. Wenn ein kleiner Kerl wie er es schafft, dem System zu trotzen, dann können das andere mit Sicherheit auch. 

In Flammen über Arcadion geht es drunter & drüber und an einigen Stellen steht man  ungeahnten Wendungen gegenüber, die das Buch nie langweilig werden lassen. Ich habe die Handlung mit Spannung verfolgt und wollte eigentlich gar nicht mehr aufhören zu lesen. Im Buch  taucht zudem ein Rätsel auf, das wohl erst ein einem der beiden Folgebände gelöst werden wird, das aber schon in diesem Band eine wichtige Rolle spielt.

Man erlebt hautnah mit, wie Carya und Jonan sich verändern und ihre alten, vom Lux Dei geprägten Gedanken hinter sich lassen. Sie haben ein gemeinsames Ziel, dass sie einander  näher bringt und für das beide mit großem Eifer kämpfen. Sie geben niemals auf, auch wenn alles gegen sie zu sprechen scheint. Für mich sind die beiden ganz tolle Charaktere. 

Natürlich gibt es in Flammen über Arcadion auch eine kleine Liebesgeschichte, aber die ist wirklich so klein, dass dadurch die eigentliche Handlung nicht in den Hintergrund gedrängt wird. (Dennoch ist sie sehr süß ;) ) Von daher eignet sich das Buch auch perfekt für männliche Leser.
In Flammen über Arcadion gab es für mich zwei Gänsehautmomente, die mich zu Tränen gerührt haben. Der eine unmittelbar, wobei ich nicht genau sagen kann warum, weil ich nicht religiös bin. Vermutlich war es einfach die Situation und das Wissen, warum dieser Satz so viel mehr bedeutet, als es auf den ersten Blick scheint. 

"...Vielleicht wollte Gott, dass du lebst, denn du hast großen Mut bewiesen und eines seiner Kinder vor einem Schrecklichen Schicksal bewahrt." 
Der andere hat mich erst einige Kapitel später zum Weinen gebracht, weil die Aussage einfach so traurig und leider auch wahr ist.
"Die Sterne, die am hellsten brennen, mögen als erste verglühen."

Fazit                       

                                                                                                                                   
In Flammen über Arcadion hat Bernd Perplies ein gut durchdachtes Szenario erschaffen, das nicht nur faszinierend, sondern in Hinblick auf dessen mögliche Realität auch eine Warnung ist. Mit viel Gefühl und aus zwei Perspektiven wird die Geschichte von Carya und Jonan erzählt, die mich von Anfang bis Ende mitgerissen hat. Lasst euch von den beiden auf ihr Abenteuer mitnehmen; lernt was es heißt, wenn der Lux Dei wütend ist; werdet von Pitlit zum Lachen, von anderen Charakteren zum Weinen gebracht und (das ist  jetzt ganz wichtig!) : Lasst euch dieses Buch nicht entgehen!