Rezension

Eine Geschichte mit sehr viel Wahrheit

Mein Sommer auf dem Mond - Adriana Popescu

Mein Sommer auf dem Mond
von Adriana Popescu

Bewertet mit 4.5 Sternen

Das Cover zu Mein Sommer auf dem Mond ist schlicht gestaltet. Wir sehen vier Charaktere, die in verschiedenen Posen auf einer mondähnlichen Landschaft stehen. Die Personen stehen einander zugewandt, was ebenfalls ein schönes Element ist, weil es zeigt, dass Interaktion und Gemeinschaft hier eine große Rolle spielen könnten.
Über ihnen steht in orangefarbener Schrift der Titel des Romans.

Auch in dem Buch werden verschiedene Stilmittel eingebaut: Die Geschichte wird aus zwei Perspektiven erzählt: Nämlich aus Fritzis und Bastis Sicht. Beide machen sich viele Gedanken über ihr Leben, die momentane Situation und ihre Mitmenschen. Und hier sind sie innerlich oft hin- und hergerissen. Und diese inneren Dialoge werden in verschiedenen Schriftarten dargestellt. So wurde der Unterschied zwischen den dunklen und die guten Gedanken optisch gut hervorgehoben. Was mich besonders gefreut hat: Ich konnte alle Schriftarten ohne Probleme lesen.

In Mein Sommer auf dem Mond lernen wir vier Jugendliche mit psychischen Problemen kennen. Sie besuchen in den Sommerferien mehr oder weniger freiwillig ein Therapiezentrum auf Rügen und werden hier in die Gruppe der Astronauten gesteckt. Dabei könnten sie nicht unterschiedlicher sein: Fritzi, die eigentlich Franziska heißt, zwar immer einen schlagfertigen Spruch auf Lager hat, aber bei genauerem Hinschauen gar nicht so selbstsicher wirkt. Tim, der Fußballer, der beteuert, seine Eltern würden ihn hier schon bald wieder raus holen, Sarah, die am liebsten im Erdboden versinken möchte und Basti, den keiner von den anderen so richtig einordnen kann.
Als sie dann auch noch alle vier in der Segelgruppe landen, wird ihnen klar, dass sie wohl oder übel miteinander auskommen müssen. Doch das ist gar nicht so leicht, wie gedacht.

Am Anfang hatte ich Mühe, in die Geschichte reinzukommen. Zum einen lag das daran, dass mich Fritzi etwas in die Irre geführt hat. Ich durfte sie schon in der Kurzgeschichte Schöne Grüße vom Mond kennenlernen und hatte hier den Eindruck, ein recht introvertiertes Mädchen vor mir zu haben. Und dann war ich überrascht, wie offen sie mir auf Rügen begegnete. Und das obwohl nicht einmal ihre beste Freundin wusste, wo sie die Sommerferien verbrachte.
Zum anderen dauerte es etwas, bis wir alle vier Charaktere kennenlernen oder beobachten konnten, wie sie aufeinander reagieren.

Doch als die Fronten geklärt waren und wir unsere vier Astronauten kannten, konnte ich das Buch kaum noch aus der Hand legen. Mich interessierte, was die vier Jugendlichen nach Rügen verschlagen hatte. Natürlich hatten sie hier und da ihre Eigenarten, kamen mir aber andererseits auch nicht so vor, als kämen se im Alltag nicht zurecht. Und gerade das ist eines der wesentlichen Aspekte von psychischen Erkrankungen: Nicht immer sieht man sie den Leuten an. Und das sorgt häufig für Irritationen beim Gegenüber.

Wir erleben in Mein Sommer auf dem Mond nicht nur, wie sich die Astronauten mit sich selbst auseinandersetzen müssen, sondern auch, wie sie auf die Gruppe reagieren. Wie gehen sie mit Konflikten um? Was denken sie über ihr Gegenüber?

Toll fand ich hier, dass die wesentlichen Gespräche unter den Jugendlichen selbst stattfanden und das nicht in einem therapeutischen Setting geschah. Nur durch die Gespräche miteinander hatten die Astronauten die Möglichkeit, über ihr Verhalten nachzudenken. Und dieses Element zeigt wunderbar, was passieren kann, wenn man sich traut, über seine Probleme zu sprechen.

Kürzlich teilte Adriana Popescu auf ihrem Twitter Account, die Worte einer Leserin. Diese sagte sinnbildlich, dass sie es schön fand, dass die Jugendlichen in Mein Sommer auf dem Mond nicht auf ihre Erkrankung reduziert werden, sondern auch Jugendliche mit ganz normalen Problemen sein dürfen. Die erste Liebe, die Frage nach der eigenen Identität wie z.B. Wer bin ich und wer will ich sein? gingen hier fließend in die krankheitsspezifischen Themen über. Ohne, dass eines von beiden zu sehr überwog.

Die Handlungsstränge sind gut miteinander verwoben. Ich war mir erst unsicher, ob vier Protagonisten für die Geschichte nicht zu viel sein könnten. Obwohl wir Mein Sommer auf dem Mond aus der Sicht zweier Charaktere erzählt bekommen, ist es dennoch so, dass alle Charaktere genügend Raum kriegen. Zudem waren die Probleme, wegen denen sie im Therapiezentrum sind, sehr realistisch gewählt. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich hier viele Leserinnen und Leser wiederfinden werden.

Bisher kannte ich Adriana Popescu als eine Autorin mit einem lockeren, lebendigen und vor allem lustigen Schreibstil. Daher war ich wirklich gespannt, wie sie sich dieser Geschichte nähert. Und was soll ich sagen? Der Spagat zwischen Tiefe und Leichtigkeit ist der Autorin hier wirklich gut gelungen. Sie erzählt die Geschichte der Astronauten mit einer Ernsthaftigkeit an der richtigen Stelle, aber auch mit einer Leichtigkeit, ohne die Geschichte dadurch herunterzuspielen.

Ich war unglaublich gespannt auf Mein Sommer auf dem Mond, da die Autorin auf ihren Social Media Kanälen vorab schon ein paar Infos herausgab, wie beispielsweise, dass es sich bei der Geschichte um ein sehr persönliches Buch handelt. Außerdem ist Mein Sommer auf dem Mond im Vergleich zu ihren anderen Jugendbüchern, eine Geschichte, die sich einem Thema widmet, über das in unserer Gesellschaft leider noch viel zu wenig gesprochen wird. Nämlich psychische Probleme oder Langzeiterkrankungen.

Wer also ein Buch sucht, das sich mit psychischen Erkrankungen beschäftigt, aber auch eine kleine Leichtigkeit mitbringt, der sollte einen Blick auf Mein Sommer auf dem Mond werfen.