Rezension

Eine Geschichte mit vielen kreativen Ausschmückungen und Abschweifungen

Das Leben ist ein merkwürdiger Ort - Lori Ostlund

Das Leben ist ein merkwürdiger Ort
von Lori Ostlund

Bewertet mit 2 Sternen

„149 Einträge stehen in Aarons „Klagenkatalog“, als er beschließt, seine langjährige Beziehung zu beenden. In San Francisco will er ein neues Leben beginnen. Er findet auch rasch eine Unterkunft und einen Job, dennoch gestaltet sich der Neuanfang holpriger als gedacht. Aaron holen Erinnerungen an seine Kindheit ein: an die Jahre als Außenseiter in einem Provinznest in Minnesota, an den Tod des jähzornigen Vaters und an seine liebevolle, aber labile Mutter, die eines nachts mit dem Dorfpfarrer durchgebrannt und nicht mehr zurückgekommen ist. Leuchtfeuer auf seinem Weg waren Begegnungen mit anderen Eigenbrötlern, wie er fremd in einer Welt, in der Anderssein nicht erwünscht ist. Zwanzig Jahre lang hat Aaron nichts von seiner Mutter gehört. Als er den Detektiv Bill kennen lernt, bietet sich ihm unverhofft die Möglichkeit, sich seiner Vergangenheit zu stellen.“

Das Buch wurde angekündigt als eine Geschichte „über das Weggehen, das Ankommen und das Leben dazwischen“. Ich war also darauf eingestellt keinen seichten, einfachen Roman zu lesen. Diese Erwartung war sehr wichtig und hat sich eindeutig als richtig erwiesen.

Zu Beginn lernt der Leser direkt Aaron kennen. Er ist ein sehr reflektierter und nachdenklicher Mann. Wer sonst würde fast 150 Gründe aufschreiben, seinen Lebenspartner zu verlassen. Eine gründlichere Entscheidungsvorbereitung kann es kaum geben. Ansonsten lebt er recht zurückgezogen und findet kaum Freunde. Es ist somit nicht verwunderlich, dass sein Leben zwar einige Wendepunkte hat, aber er nicht sonderlich abenteuerfreudig ist.

In dem Buch heißt es einmal: „Geschichten darf man nie in Eile erzählen. Man muss immer genug Zeit für kreative Ausschmückungen und Abschweifungen lassen, was bleibt uns denn sonst von ihnen?“. Diese Aussage könnte auch das Motto dieser Geschichte sein. Es ist die Geschichte von Aarons Neuanfang in San Francisco. Dazwischen gibt es jedoch viele Abschweifungen, die sein Kindheit, die Lebensgeschichte von Freunden und Bekannten sowie viele alltägliche Dinge erzählen. Literarisch ist das Buch sehr gut geschrieben und die detaillierten Ausschmückungen sind durchaus interessant. Jedoch haben mich die vielen Zeitsprünge teilweise verwirrt. Ich hätte manchmal auch gerne mehr über Aarons jetziges Leben erfahren, stattdessen habe ich seitenweise seine Freunde kennen gelernt.

So gut das Buch auch geschrieben ist, so habe ich mir häufig weniger Beschreibungen und mehr Handlung gewünscht. Die Geschichte ist wie Aaron sehr durchdacht und gut überlegt, aber mir fehlte das Abenteuer. Wenn man einen Neuanfang wagt, gibt es dann nicht viele Sachen, die man erleben oder ausprobieren möchte? Da manchmal nicht so viel passiert ist, fehlte mir die Spannung und ich mochte zum Teil nicht weiter lesen. So habe ich deutlich länger für dieses Buch gebraucht, als ich sonst an einem Buch lese.

Insgesamt bin ich mir nicht sicher, ob ich das Buch weiter empfehlen kann. Es ist eindeutig einzigartig und die Sprache ist faszinierend. Wer gerne tiefgründige Portraits liest, der wird dieses Buch auf jeden Fall lieben.