Rezension

Eine Geschichte über die Obsession von Büchern

Unter der Haut - Gunnar Kaiser

Unter der Haut
von Gunnar Kaiser

Bewertet mit 4 Sternen

In dem letzten heißen Sommer der 1960-er Jahre ist der junge Student Jonathan auf der Suche nach hübschen Mädchen und neuen Erfahrungen, bis er den bücherliebenden und ominösen Eisenstein kennen lernt, der ihm zeigt wie er Mädchen verführen kann und das bekommt was er möchte. Doch nach einigen abenteuerlichen Ereignissen mit Eisenstein beschleicht Jonathan das Gefühl, dass hinter Eisensteins Fassade etwas Bedrohliches schlummert, denn er hält sich bei den Mädchen bedeckt und scheint kaum Interesse an ihnen zu haben, sondern frönt sich seiner fast schon obsessiven Liebe und der Suche nach dem perfekten Buch. Viele Jahre später scheint sich Jonathans Verdacht zu bestätigen...

Das Buch gliedert sich in drei verschiedene Teile, die jeweils aus den Perspektiven von Jonathan, Eisenstein und Jonathan & Sally  in verschiedenen Zeiträumen geschrieben sind. Die Unterscheidung findet sich nicht nur in der räumlichen Aufteilung, sondern auch in dem Sprachstil und sogar der Rechtschreibung wieder. Jonathan lernt man als naiven, unerfahrenen Studenten kennen, der verzweifelt versucht Erfahrungen zu sammeln in der überfüllten und erdrückenden Metropole New York. Dabei scheint er anfangs nur gesteuert durch seine Triebe und weniger durch rationale Gedanken. Da hat Eisenstein leichtes Spiel und kann Jonathan nach Belieben manipulieren und seinem eigentlichen Ziel unverdächtig nachkommen. Man erfährt kaum etwas über ihn und er wirkt sehr unnahbar und seltsam verschroben. Erst in seiner eigenen Geschichte wird sein Leben sehr detailliert geschildert und durch den Kontrast zu Jonathans doch recht eintönigen und gezogenen Geschichte, kam hier wieder viel Schwung in die Geschichte, zwar nicht durch Spannung, jedoch aufgrund interessanter wie teils verstörenden Fakten und Geschehnissen, die Eisenstein in einem gänzlich ganz anderen Licht präsentieren. Nach und nach erkennt man den Eisenstein der 1960-er Jahre in ihm und sein schreckliches wie abstoßendes Geheimnis, das aus einer früh geprägten und entstandenen Obsession zu Büchern entstanden ist. Nach dem aus dem dritten Buchteil gewonnen Informationen setzt sich ein einheitliches Bild von den Hintergründen der damaligen Geschehnisse zusammen und man versteht die Tragweite und die Intentionen Eisensteins wesentlich besser.

Insgesamt sind die Charaktere ziemlich unnahbar und ungreifbar, bis auf den vor sich hin lebenden Jonathan, der scheinbar kein klares Ziel vor Augen hat und etwas Verloren scheint in einer so großen Stadt wie New York. Die in Wechselwirkung miteinander stehenden Buchteile offenbaren am Ende ein außergewöhnliches Detail, welches das gesamte Buch in einem neuen Licht erscheinen lässt und viele neue Fragen offenbart.

Ein komplexer, sehr gut durchdachter Roman mit einigen Thriller-Elementen, einer brillanten drückenden und unnahbaren Atmosphäre und undurchsichtigen Protagonisten, erzählt in einem etwas Anspruchsvolleren Schreibstil, der allerdings perfekt zu der Geschichte passt.