Rezension

Eine grandiose Reihenfortsetzung

Elias & Laia - Eine Fackel im Dunkel der Nacht - Sabaa Tahir

Elias & Laia - Eine Fackel im Dunkel der Nacht
von Sabaa Tahir

Inhalt:

Nach der Flucht aus Schwarzkliff gibt es für Laia nur ein Ziel: Sie muss ihren Bruder Darin aus dem Gefängnis von Kauf befreien. Elias hält seinen Schwur ihr dabei behilflich zu sein. Doch der Weg nach Kauf ist gefährlich. Der neue Imperator hat ein hohes Kopfgeld auf die Flüchtigen ausgesetzt. Sein neuer Blutgreif, Helena, soll sich beweisen, und erhält den Auftrag Elias zu jagen, zu finden und persönlich zu foltern. Helena bleibt nichts anderes übrig, als sich zu fügen. Das Leben ihrer Familie steht auf dem Spiel, die Existenz des Imperiums auf wankenden Beinen. Sie muss ihre Gefühle für Elias zurückstellen und wird zu einer unerbitterlichen Jägerin.

Wichtigste Charaktere:

Elias ist gefährlich. Er ist eine ehemalige Maske, ein Elitesoldat des Materialenimperiums. Er trägt ein dutzend Messer an der Brust festgeschnallt. Er ist einerseits ein eiskalter Mörder. Andererseits hat er aber auch ein großes Herz. Er empfindet Mitgefühl, Reue und Liebe und er hat einen Schwur geleistet: Er wird Laia helfen ihren Bruder aus dem Gefängnis in Kauf zu befreien. Koste es, was es wolle.

Laias Familie wurde vor ihren Augen getötet. Sie hat niemanden mehr außer ihren Bruder Darin, der in einem der gefürchteten Gefängnisse unter der Aufsicht eines brutalen Verhörmeisters eingekerkert sein soll. Mit der Kraft ihres Willens, in Begleitung von dem ehemaligen Elitesoldat Elias und Freunden, die ihr auf der Reise begegnen, möchte sie ihren Bruder befreien.

Helena ist nach den Wettkämpfen als Blutgreif des neuen Imperators Marcus ausgerufen worden. Ihr Kadavergehorsam gegenüber dem Imperium ist sehr ausgeprägt. Eine Frau, die ihr privates Glück dem Pflichtgefühl geopfert hat.

Marcus ist der neue Imperator. Er ist unerbitterlich, er geht über Leichen ohne mit der Wimper zu zucken und er möchte Rache für den Tod seines Zwillingsbruders Zak. Helena soll ihren besten Freund Elias jagen, finden und foltern. Beide sollen so sehr leiden, wie er es getan hat. Stets an Marcus Seite befindet sich die Kommandantin.

Die Kommandantin ist Elias Mutter. Sie ist eine Meisterin darin ihre Gedanken zu verbergen. Empathie empfindet sie nicht. Sie empfindet keine Liebe, weder für Elias, der sie selbst auch nur Kommandantin nennen darf, noch für andere Menschen. Auch andere empathische Gefühle sind ihr vollkommen fremd. Sie ist gefühlskalt, brutal, berechnend und angsteinflößend in ihrem Handeln.

Die Welt:

Sabaa Tahir baut auch in diesem zweiten Teil ihre Welt rund um Schwarzkliff weiter aus. Hier lernt der Leser die Rebellenbewegung näher kennen, er wirft einen Blick in das Gefängnis von Kauf.
Wieder trifft man auf magische Kreaturen: Ifrits und Geister zeigen sich. Dschinns werden detaillierter vorgestellt. Ein paar magische Fähigkeiten spielen eine Rolle, überlagern die Handlung jedoch nicht.
Leser, die sich erhoffen mehr über die Beweggründe der Auguren zu erfahren oder die weissagenden „Mönche“ näher kennenzulernen, müssen sich wohl weiterhin gedulden. In Band zwei spielen Cain und seine Gefährten eher eine kleine, jedoch bedeutende, Randrolle.

Schreibstil:

Wieder einmal beweist Sabaa Tahir von der ersten bis zur letzten Seite, dass sie eine begnadete Schriftstellerin ist. Die Tonlage des Romans ist ernst, das Szenario gefährlich und unerbittlich. Von der ersten Seite an jagt eine Gefahrensituation die nächste. Die Protagonisten kommen nicht dazu durchzuatmen. Sie sind auf der Flucht. Das Schicksal meint es nicht gut mit ihnen.

Nach und nach entwickelt sich die Geschichte von einem Fluchtszenario weiter. Hintergründe zu den Geschehnissen offenbaren sich erst im späteren Verlauf, dafür wirken sie umso schockierender auf den Leser. Die Fäden werden weitergesponnen, schnell verdichtet sich das Buch zu einem Roman, der dem Leben mit seinen Abgründen sehr nah kommt. Während des Lesens stellte ich mir die Frage, was es mit der Zwischenwelt auf sich hat, warum sie soviel Platz in der Geschichte einnimmt. Auch hier sollte der Leser sich gedulden und Sabaa Tahir sein Vertrauen schenken. Sie wird zum Ende hin nicht enttäuschen, sondern ein Gefühl vermitteln, eine absolut runde, tiefgehende und spannende Geschichte genossen, ja ein wahres Abenteuer durchlebt zu haben und dennoch einen Funken Enttäuschung zurücklassen, dass man bis zum Erscheinen des Folgebandes wieder ein Weilchen warten muss.

Ziemlich schnell wird beim Lesen des Romans klar, dass die geliebten Charaktere ihre Charaktereigenschaften nicht abgelegt haben. Wir treffen auf eine rebellische, aber auch zugleich verletzlich wirkende Laia, die den Schutz ihrer männlichen Begleiter genießt. Immer wieder schafft sie es Kraft für eine neue Hürde aufzuwenden, weil sie tief im Herzen eine Kämpferin ist. Auch, wenn die Entscheidungen nicht immer einfach sind und auch, wenn das Resultat nicht unbedingt zum Erfolg geführt hat: Laia lässt sich nicht unterkriegen.

Aber auch Elias bleibt der, den wir in Band eins ins Herz geschlossen haben: Er tötet, weil er es muss. Er geht den Weg, der vor ihm liegt, ohne zu zögern. Er ist eine Maske, die gelernt hat, wie man Gefühle überspielt. Und dennoch: Elias hat einen weichen Kern, den seine Mitstreiter missen lassen. Er empfindet Reue und Mitgefühl. Er hat ein großes Herz und dieses schlägt unter anderem auch für Laia.

In diesem zweiten Band erhält auch Helena eine Stimme. Einzelne Kapitel werden aus ihrer Sicht geschrieben. Wir blicken hinter die Fassade von Elias bester Freundin und erfahren, dass sie unglaublich stark ist. Helena soll ihren ehemaligen engsten Vertrauten finden und vernichten. Auch, wenn es ihr das Herz brechen wird, so steht ihr Pflichtgefühl gegenüber dem Imperium und ihrer Familie an erster Stelle. Sie überwindet ihre Gefühle und stellt sich der Aufgabe. Ist es schwer solch eine Person in sein Herz zu schließen? Ja. Und dennoch schafft es Sabaa Tahir die Figur Helena so mit Konturen zu versehen, dass der Leser sie verstehen und gerne durch die Geschichte begleiten wird.

Doch auch die Randcharaktere vernachlässigt die Autorin nicht. Wie auch die Hauptcharaktere werden diese geschliffen und mit Eigenschaften versehen, die das Interesse des Lesers wecken. So taucht Köchin plötzlich wieder auf. Sie ist nicht nur um eine ziemlich hässliche Wunde im Gesicht reicher, sondern auch seelisch gezeichnet. Ihr liegt viel an Laia, doch warum will sie unter keinen Umständen, dass Helena sich an dem Mädchen vergreift?

Fazit: 
 
Elias & Laia – Eine Fackel im Dunkel der Nacht überzeugt nicht nur durch Cover und Klappentext, hier stimmt einfach alles: Perfekt gezeichnete Charaktere, viele überraschenden Wendungen, ein ernster Erzählton, eine feine, aber zugleich auch bewegenden Liebesgeschichte, die auch noch durch eine Dreiecksbeziehung für Spannung sorgt, ein gut ausgeklügelter Weltenentwurf und eine Prise Magie vermitteln dem Leser eine Geschichte, die ihn fesseln und nicht so schnell wieder loslassen wird. Ein Abenteuer in welches man mit Leib und Seele abtaucht, bei dem man kämpft, liebt, leidet und hofft. Absolutes Lesemuss für Liebhaber von Fantasyliteratur.

Buchzitate:

Meine Mutter verbirgt ihren Zorn mit geübter Arglist. Sie hüllt ihn in Gelassenheit und vergräbt ihn tief. Sie klopft den Boden darüber fest, stellt einen Grabstein darauf und tut so, als wäre er tot.
(Elias über die Kommandantin)

Laia. Das Kundigenmädchen. Glühende Asche, die darauf wartet, die ganze Welt niederzubrennen.
(Die Seelenfängerin über Laia)

„Elias sieht die Menschen so, wie sie sein sollten“, fahre ich fort. „Nicht, wie sie sind. Er lacht über sich selbst. Er bringt sich ein, und zwar vollkommen – in allem was er tut.“
(Helena über Elias)

Schwächlinge versuchen die Stille zu füllen. Eine Maske benutzt sie zu ihrem Vorteil.