Rezension

Eine greifbare Stimmung und ein zutiefst trauriges Buch

Love Letters to the Dead
von Ava Dellaira

'Lieber Kurt Cobain, wir haben gerade Englisch und sollen einen Brief an eine berühmte Persönlichkeit schreiben, die schon verstorben ist.' (Erster Satz)
Es ist das erste Highschooljahr für Laurel, als sie die Aufgabe bekommt einen Brief an eine verstorbene Persönlichkeit zu schreiben. Laurel wählt Kurt Cobain, jedoch ist dieser Brief nicht das Ende, sondern der Anfang einer Reihe von Briefen an die unterschiedlichsten verstorbenen Personen, die ihr in ihrem Alltag begegnen, und die alle eine Gemeinsamkeit mit ihrer Schwester May haben. Sie alle sind früh gestorben. Doch durch diese Briefe findet Laurel zu sich selbst und versucht mit dem Tod ihrer Schwester abzuschließen.

Rezension
Da das Buch aus vielen einzelnen Briefen aufgebaut ist, die zum größten Teil sehr persönlich  und durch ihre Einfachheit und Leichtigkeit sehr natürlich sind, findet man ziemlich schnell in die Geschichte. Und obwohl oft auch Informationen über die Persönlichkeiten, an die die Briefe gerichtet sind, eingestreut werden, lenken diese nicht von der Haupthandlung ab, sondern erinnern an den besonderen Erzählstil, den die Autorin hier gewählt hat. 
Natürlich ist Laurels erster Brief nicht gleich außerordentlich tiefgründig, sondern vielmehr erzählend, was ihr gegenwärtiges Leben betrifft. Dadurch fällt es zunächst schwer eine Beziehung zu Laurel aufzubauen, dies wird durch ihren Rückzug auf ihrem sozialem Umfeld noch verstärkt, man merkt förmlich, dass sie sich auf keine Beziehungen einlassen will. Und dies macht sie nicht gerade sympatisch, auch ihr Umfeld, als ihre Eltern und ihre Tante erscheinen zu Beginn wenig interessant und erinnern an eine langweilige Vorstadtfamilie. 
Nach und nach eröffnen sich jedoch Einzelheiten aus Laurels Vergangenheit. Dazu gehört, dass ihre Schwester gestorben ist und Laurel nun eine Highschool in einem anderen Bezirk besucht um es sich einfacher selber zu machen und vor Fragen davonzulaufen. Darin sieht sie außerdem ihre Chance und eifert ihrem größten Vorbild, ihrer Schwester, nach, die ein perfektes Leben geführt zu haben scheint. Sie fängt nicht nur an sich wie sie zu kleiden, sondern verhält sich auch immer mehr wie sie. Schon hier hat das Buch angefangen mich regelrecht zu deprimieren, auch wenn ich mir nicht ganz sicher war wieso, schließlich gibt es viele Menschen, die im Alltag nicht sie selbst sind.
Aber durch diese Tatsache ist Laurel auch mutig genug um Freundinnen zu finden, die ihr dabei helfen zu sich selbst zu finden, auch wenn sie nichts von May wissen. 
Nach und nach kommen aber immer mehr Einzelheiten von Laurel und May ans Licht, aber auch Laurel's Freunde gewinnen durch ihre Geschichten an Tiefe. 
Dazu gehören nicht nur Hannah und Natalie, die ihre eigenen Sorgen zu tragen haben, sondern auch der ehrliche Sky, in den sich Laurel verliebt. Das wirklich Besondere an allen Charakteren ist jedoch ihre Echtheit, jeder hat jedoch seine Fehler und wirkt dadurch nur noch realistischer.
Wie selbstverständlich werden auch Laurels Gefühle im Verlauf des Buches immer greifbarer und sind somit förmlich auch mich übergesprugen.
Dadurch wirkt auch die ganze Geschichte für mich viel realer und näher am Leser, als es bei vielen anderen Geschichten der Fall ist, vor allem zum Schluss ist mir das Lesen sehr schwer gefallen, weil der Kloß, der sich zu Beginn des Buches bei mir gebildet hat immer größer geworden ist und zum Ende hin kaum auszuhalten war. Jedoch bin ich mir über das Ende noch unschlüssig, denn von mir aus hätte die Geschichte mit der selben Tiefe noch über 100 Seiten weitergehen können.

Fazit
Diese vielleicht nicht originellste, aber echte, Geschichte hat mir zum Schluss hin regelrecht den Atem geraubt, wobei ich mir natürlich auch nicht das eine oder andere Tränchen verdrücken konnte. Durch diese Echtheit habe ich außerdem einen starken Draht zu Laurel aufgebaut, der mich schlussendlich mehr oder weniger auch das Selbe hat fühlen lassen, was Laurel gefühlt hat. Und zwar eine tiefgehende Trauer, die mich nicht nur zum Nachdenken animiert hat, sondern auch wirklich deprimiert hat.
Vielleicht würde ich das Buch keinem empfehlen, dem es gerade schlecht geht, weil man sich dadurch wirklich schnell runterziehen lassen kann. Aber natürlich kann es auch sein, dass man durch das Buch auch Mut zur Selbstfindung und zur Auseinandersetzung mit seinen Problemen bzw. eine Möglichkeit, wie man sich damit auseinandersetzten kann, findet.
Wenn ihr aber ein gefühlvolles Buch, bei denen die Liebe zwischen einem Paar, nicht im Vordergrund steht, sucht, dann könnte dieses Buch auf jeden Fall das Richtige sein.