Rezension

Eine herzerwärmende Geschichte über das Menschsein

Ich und die Menschen - Matt Haig

Ich und die Menschen
von Matt Haig

Klappentext:
In einer regnerischen Freitagnacht wandert Andrew Martin, Professor für Mathematik in Cambridge, nackt eine Autobahn entlang. Professor Martin ist nicht mehr er selbst. Ein Wesen mit überlegener Intelligenz und von einem weit entfernten Stern hat von ihm Besitz ergriffen. Dieser neue Andrew hält nicht viel von den Menschen, jeder weiß schließlich, dass sie zu Egoismus, übermäßigem Ehrgeiz und Gewalttätigkeit neigen. Doch andererseits: Kann eine Lebensform, die Dinge wie Weißwein und Erdnussbutter erfunden hat, wirklich grundschlecht und böse sein? Und was sind das für seltsame Gefühle, die ihn überkommen, wenn er Debussy hört oder Isobel in die Augen blickt?

Einordnung:
Das Buch ist kein Teil einer Reihe.

Rezension:
Die ganze Geschichte wird erzählt von dem namenlosen Wesen mit überlegener Intelligenz, das die Gestalt von Professor Martin annimmt. Im Grunde handelt es sich um einen Bericht für die Vonnadorianer, die Spezies Außerirdischer, denen das Wesen angehört. Der Protagonist erzählt von seiner Ankunft auf der Erde und von seinen Erlebnissen. Daher trifft der Schreibstil auch eher die gesprochene als die geschriebene Sprache. Das passt jedoch wunderbar zur Geschichte und fördert manchmal sogar noch den Lesefluss.

Die Geschichte an sich ist mal spannend, mal traurig, aber die meiste Zeit einfach nur wirklich witzig. Der Außerirdische hat keinerlei Vorstellung vom Leben als Mensch und muss alles erlernen. Daher läuft er anfangs nackt durch die Gegend, weil ihm der Sinn von Kleidung nicht bewusst ist. Außerdem probiert er sich an einer Tankstelle einfach durch das Essen und verschwindet, ohne zu bezahlen. Amüsant ist auch, dass die vorbeifahrenden Menschen ihn immer wieder anspucken und ihm Beschimpfungen an den Kopf werfen, die er nicht versteht. So winkt er einfach und interpretiert das gegenseitige Anspucken als Zeichen der Höflichkeit.

Zum Humor dieses Buches gehören außerdem viele lustige, aber gleichzeitig doch so wahre Definitionen, in denen der Außerirdische aus seiner Perspektive Gegebenheiten auf der Erde für seine eigene Spezies erklärt. Beispielsweise hat Professor Martin einen fünfzehnjährigen Sohn, der den Alien zu einer Definition für die Altersgruppe „Teenager“ inspiriert: „Zu ihren Haupteigenschaften gehörten eine geschwächte Widerstandsfähigkeit gegen die Schwerkraft, eine Sprache, die vornehmlich aus Grunzen bestand, ein Mangel an räumlichem Bewusstsein, eine Vorliebe für Masturbation und ein unstillbarer Appetit auf Frühstücksflocken“ (Seite 95). So vereinfacht das auch klingt, in vielen Entdeckungen und Feststellungen steckt mindestens ein Körnchen Wahrheit.
Dadurch kommt es, dass auch viel Tiefgründiges in der Geschichte steckt. Im Grunde geht es viel um philosophische Fragen, wie den Sinn des Lebens und der Liebe und was es heißt, ein Mensch zu sein. All diese Fragen werden aus der Perspektive eines Außerirdischen beantwortet. Er kommt auf die Erde und sieht eine Menschheit, die zu Gewalt neigt, sich gegenseitig verspottet, treulos, egoistisch und arrogant ist. Doch je länger er sich dort aufhält, desto mehr fallen ihm die positiven Dinge auf. Er erfährt von selbstlosen Menschen, hört wunderschöne Musik, isst leckeres Essen und entdeckt die Liebe. Ziemlich bald merkt er, dass die Menschen trotz ihrer Fehler wundervoll sind. Denn wo Schatten ist, da gibt es auch Licht.

Fazit:
Das Buch ist unglaublich lustig. Dazu trägt der Erzählstil des Protagonisten ebenso bei wie seine Naivität. Vollkommen ahnungslos lernt er, sich in der menschlichen Welt zu orientieren und Sprache, Mimik und Gestik richtig zu deuten. Im Laufe der Geschichte, die voller Humor, Drama, Liebe, Philosophie und Spannung steckt, entwickelt er sich auf eine wirklich herzerwärmende Art und Weise weiter und entdeckt, dass ein Leben auf der Erde nicht nur von Gewalt und Arroganz geprägt ist. „Ich und die Menschen“ ist ein wundervolles Buch, das alle fünf Schreibfedern von mir bekommt.