Rezension

eine Hommage an die Bücher

Die Seiten der Welt
von Kai Meyer

Bewertet mit 5 Sternen

Eigentlich ist Furia Salamandra Faerfax' Leben recht beschaulich. In der unterirdischen Bibliothek gibt es genug zu lesen, Origamis und der Buchstabenhaufen Ypsilonzett bereichern ihr Leben, ihre Leselampe gibt ihr Tipps und der Lesesessel brummt gemütlich, wenn sie es sich darin bequem macht. Ab und zu muss sie gegen einen Schimmelrochen kämpfen oder ihrem Bruder Pip klar machen, dass seine Clownsmakse nicht wirklich gegen Clowns hilft.
Doch es gibt auch Schattenseiten. Sie lebt alleine mit ihrem Vater, ihrem Bruder, einer Köchen, einem Gärtner und einem Chaffeure in einem riesigen Haus, der Residenz, abgeschottet von der Außenwelt, in der Angst lebend, dass die Adamitische Akademie sie entdeckt – und auslöscht.
Gut, dass Furia ein Buch besitzt, dem sie ihre Ängste anvertrauen kann, und der Junge, der 200 in der Vergangenheit lebt und ihre Niederschriften lesen kann, ihre Sorgen kennt und ihr besteht.
Doch dann wird Furias Vater getötet, ihr Bruder entführt und Furia findet sich plötzlich in einer Welt aus Exlibris, Rebellen und Bibliomanten wieder – und muss sich der Vergangenheit stellen.

Kai Meyers Exkursion in die Welt der Bücher gibt einem ein wohliges Gefühl. Er erschafft Dinge, die einfach nur perfekt passen – seien es die Origamis (Tiere aus gefaltetem Papier, die den Bücherstaub fressen), Schimmelrochen, die bei zuviel Feuchtigkeit entstehen, ein Buchstabengewusel namens Ypsilonzett, Lesebändchenbäume oder neue Bäume aus „toten“ Büchern.
Aber auch die Charaktere sind perfekt aufeinander abgestimmt. Die Heldin Furia, der etwas mürrische Finnian, die lebenslustige Cat und die Bibliomantin Isis Nimmernis sind zwar kein eingespieltes Team, aber auf dem besten Weg dahin.

Auch die Schauplätze passen wunderbar ins Konzept. Und für mich gibt es in London jetzt nicht nur die geheimnisvolle Winkelgasse oder das Gleis 9 ¾, sondern jetzt auch die Bücherstadt Libropolis, deren Eintrittskarte ich jetzt in den Händen halte Augenzwinkern

Zeitweise kommt es zu düsteren Szenen, bedingt durch die Bösewichte der Geschichte. Diese haben mich jedoch ebenso durch ihre Vielschichtigkeit überraschen können, wie der Rest.

So hat man letztendlich einen facettenreichen Fantasyroman mit Helden, die ebenso Ecken und Kanten haben wie das wahre Leben.
Für Bücherliebhaber ist es einfach die perfekte Geschichte.

Das ganze Buch ist eine Hommage an die Welt der Bücher. Mit viel Liebe zum Detail entführt der Autor Kai Meyer in die Seiten der Welt und lässt einem nur schwer wieder daraus auftauchen. Ich habe jede freie Minute darin verbracht und hätte noch viel mehr Zeit darin verbringen können. Aber das ist ja immer das Negative an guten Büchern – sie sind viel zu kurz. Aber wer weiß, vielleicht gibt es ja ein Wiedersehen mit Furia Salamandra Faerfax und ihren Freunden. Auszuschließen ist das nie.

Fazit:
Wer Bücher liebt, liebt die Seiten der Welt und findet darin vielleicht sein Seelenbuch.