Rezension

Eine inspirierende Geschichte über unsere Suche nach der Wahrheit, nach dem Sinn und unserer Aufgabe im Leben

Der Schattendoktor - Adrian Plass

Der Schattendoktor
von Adrian Plass

Bewertet mit 4 Sternen

"In Sicherheit", flüsterte Jack vor sich hin. Er war überrascht, ja fast schockiert von dieser unerwarteten Erinnerung daran, wie es sich anfühlt, sich zu ergeben. Beinahe kamen ihm die Tränen. All das Ringen. All die Zeit. All diese hektischen Boxkämpfe in seinem Kopf. Keine Sieger und keine Verlierer, nur ein immerwährendes Ausweichen und Zuschlagen und Geschlagenwerden und Ringen darum, auf den Beinen zu bleiben. Und jetzt das. Eine Erfahrung echten Friedens /.../." 

 

 

"Der Schattendoktor" wurde im März 2017 in der deutschsprachigen Erstauflage im Brendow-Verlag veröffentlicht. Das Buch überzeugt mit einem stabilen Hardcover, einem tollen Layout und einer angenehmen Schriftgröße. 

Das Cover hat mich spontan an William P. Youngs "Die Hütte" erinnert, weil auch dort ein verschlafenes, eingeschneites Haus abgebildet ist. Umso verwunderlicher, dass auch genau von diesem Autor ein Kommentar auf dem Cover abgedruckt wurde. Gibt es da vielleicht einen Zusammenhang? Wie auch immer, machte mich das Cover neugierig auf dieses Buch. Was hat es mit diesem kleinen "Bauwagen" auf sich, der dort ganz allein und verlassen im Wald steht, scheinbar bewohnt und aus dem trotz der umgebenen Dunkelheit, Licht und Hoffnung scheint?  

 

Das Cover und der Klappentext hatten mich auf dieses Buch aufmerksam gemacht und ich konnte den Erscheinungstermin kaum erwarten. "Der Schattendoktor" ist mein erstes Buch von Adrian Plass und so nutze ich die Zeit bis zur Veröffentlichung, um mich erst einmal über den britischen Autor zu informieren. Ich war überrascht wie viele Bücher er schon veröffentlicht hat und das er bei seiner deutschen Fangemeinde durchaus Kultstatus genießt. Doch nun zum Buch: 

 

Jack Merton ist ein "Gestrandeter", ein "Suchender", der nach dem Tod seiner geliebten Großmutter einen Brief erhält, der sein Leben und sein Denken auf den Kopf stellt. Darin geht es um einen Mann, der sich geheimnisvoll "der Schattendoktor" nennt. In der Hoffnung, dass der ihm Antworten auf seine vielen unbeantworteten Fragen geben kann, lässt sich Jack auf ein Treffen mit ihm ein und erkennt, dass ein Arzt nicht immer im weißen Kittel "operiert". 

Doch wer ist dieser Mann, der allein in einem Haus im Wald wohnt? Wohin wird Jack seine "Reise" führen? Wer sitzt dabei am Steuer? Und meint es "Doc" wirklich gut mit ihm?

 

"Doc" ist auf den ersten Blick ein gelassener, in sich ruhender, weiser Mann, den eine seltsame Aura umgibt. Menschen fühlen sich von ihm und seiner Art magisch angezogen und suchen bei ihm Trost und Rat. Und scheinbar besitzt er die außergewöhnliche Fähigkeit diesen wildfremden, gestrauchelten Leuten ein Gefühl von Geborgenheit und Wertschätzung zu geben. 

Doch warum weicht er immer wieder Jacks Fragen aus, spricht in Rätseln und reagiert in scheinbar belanglosen Situationen plötzlich ungehalten? 

Drei große Fragen haben mich beim Lesen die ganze Zeit umgetrieben: Wird Jack seinen Weg finden? Wer oder was ist dieser "Doc"? Und was will uns der Autor mit seiner Geschichte sagen?  

 

Ich mag den Schreibstil von Adrian Plass, der sich leicht lesen lässt und trotzdem anspruchsvoll ist. Besonders seine schönen bildhaften Vergleiche sind mir im Gedächtnis geblieben: "Sie war ein helles, nie verlöschendes Licht in den dunklen Korridoren in Jacks Leben"; "seine kleinen Küsse waren die Buchstützen ihres Lebens" oder "der Himmel war draußen so schwarz wie die Lücke in meinem Leben". Seine Gleichnisse mit dem Schmetterling oder dem Tausendfüßler haben mich berührt. Und natürlich ist mir auch sein schwarzer britischer Humor aufgefallen. Ich bin mir nicht sicher, ob ihn jeder mag und versteht: aber ich mag ihn. 

 

Etwas womit ich etwas Probleme hatte, waren seine fast blasphemisch anmutenden Äußerungen gegen Ende des Buches. Aber ich glaube, es ist seine Art mit Ironie und Überspitzung Misstände darzustellen und anzuprangern. Darauf muss man sich einlassen können. Mich hat es hin und wieder verwirrt. Aber es hat mich zum Nachdenken angeregt und als ich einige Textpassagen zweimal las, fiel mir auf, wie viel Plass zwischen den Zeilen versteckt hat. 

 

 

Fazit: 

Eine inspirierende Geschichte über unsere Suche nach der Wahrheit, nach dem Sinn und unserer Aufgabe im Leben. Mit wunderschönen, zum Nachdenken anregenden Gleichnissen und Aussprüchen, aber auch mit verwirrenden Gedankengängen, denen ich (vor allem am Ende) nicht immer ganz folgen konnte.