Rezension

Eine Kommissarin, die sich nicht beirren lässt

Verletzung - Manuela Obermeier

Verletzung
von Manuela Obermeier

Bewertet mit 5 Sternen

Dieser Münchner Krimi liest sich leicht und flüssig, was stark im Kontrast zu seinen Inhalten steht. Die Hauptthemen sind häusliche Gewalt und eine schwere, als Kind erlittene, psychische Störung.
Obwohl die Geschichte – die Fälle von ermordeten und wie Puppen drapierten Frauen – immer wieder von den persönlichen Problemen der Ermittlerin, Kommissarin Toni Stieglitz, unterbrochen werden, sind diese viel zu ernst, um wirklich zu nerven. Sie flieht vor ihrem gewalttätigen Partner Mike (ebenfalls Polizist) und lebt von da an immer in Angst, ihm über den Weg zu laufen. Verfolgungswahn – zurecht – inklusive. Für jemanden, der so etwas nicht erlebt hat, mögen die wiederkehrenden Schilderungen ihrer Angst ein wenig übertrieben sein, doch da die Autorin selbst Polizistin ist, denke ich, dass sie ganz gut weiß, über welchen Frauentyp sie hier schreibt, wenn sie ihre Kommissarin leiden lässt.
Aber zur Krimihandlung: Als Leser weiß man ja schon durch den Klappentext, dass es nicht bei einer Toten bleiben wird und kann mitermitteln und ist der Polizei immer wieder mal einen Schritt voraus. Man lernt die späteren Opfer (bis auf das erste) vorher kennen und wartet darauf, wie sie denn erwischt werden. Trotzdem bleibt es spannend, zu lesen, wie die Arbeit der Ermittler beginnt, welche Spuren sie finden und wie sie danach vorgehen. Der Polizeialltag ist natürlich glaubhaft beschrieben und wirkt sehr lebendig, auch wie die Kollegen so miteinander umgehen, und die Dialoge und Besprechungen sind vermutlich teilweise aus dem „echten“ Alltag entnommen.
Mir gefällt, wie Toni den Fall mit einer Mischung aus Hartnäckigkeit, weiblicher Intuition und Leichtsinnigkeit angeht und auch löst und dadurch wohl auch erkennt, dass sie stärker ist als sie denkt und nach langer Zeit nun auch Hilfe bezüglich Mike sucht.
Doch nicht nur an dieser Front tut sich Positives: aus irgendeinem Grund hat es ihr der neue Rechtsmediziner Mulder angetan und auch er ist wohl nicht ganz abgeneigt. Mal sehen, wie es in möglicheren weiteren Bänden mit Toni da weitergeht.

Nur eines hat mich ein wenig verstört: In einer Szene zuckt die von Kopfschmerzen geplagte und überlastete Kommissarin richtig aus und währenddessen hoffte ich immer, es sei bloß einer ihrer Träume. Doch diesmal war es keiner. Später erkennt man erst, dass diese Szene für die weitere Entwicklung des Falles natürlich nötig war, aber kurz danach ist man als Leser erst mal ein bisschen vor den Kopf gestoßen – genau wie Toni selbst.